Was Fußball-Anhängern die Tabelle der Liga, ist eifrigen Staatsbürgern die Rangliste der angeblich beliebtesten Politiker. Doch was an Punkten und Toren im Sport erspielt wird, ist in der politischen Liga nur vorgespiegelt. Bei Umfragen über das Ansehen der Berufe landen Politiker regelmäßig auf dem letzten Platz. Offenkundig sind sie denkbar unbeliebt.
Politisch Lied, ein garstig Lied, heißt es seit Olims Zeiten in deutschen Landen. Das war zurückhaltend ausgedrückt. Weniger gewählt klingt Volkes Stimme am Stammtisch: Alle in einen Sack und mit dem Knüppel drauf – man trifft stets den richtigen.
Über derart unverblümte Abneigung rümpft das Personal in den Redaktions-Stuben nur die Nase, denn die Schlager-Parade der Regierenden ist ein Presse-Produkt. Ohne Medien und bezahlte Umfragen würde sich wahrscheinlich kaum jemand um die Hackordnung auf der staatlichen Schaubühne scheren.

Deshalb wollen beauftragte Meinungsforscher gar nicht wissen, ob die Befragten überhaupt jemanden in der Großmanns-Riege achten. Dabei wäre die Zahl derjenigen interessant, die sagen würden, keinen. Erst kurz vor der Bundestagswahl im Februar 2025 bekundete eine deutliche Mehrheit ihren Widerwillen gegen die politischen Parteien. Zweiundfünfzig Prozent hielten laut Forsa-Institut keine für fähig, die Schwierigkeiten des Landes zu beheben.
Um dennoch beliebte Politiker aus dem Hut zu zaubern, zählt nur, wenn ein Anwärter benannt wird. Formulierungen wie „Wer ist Ihrer Ansicht nach am beliebtesten?“ unterstellen, es gäbe solche Kandidaten. Damit legt man den Leuten die politische Liga in den Mund. Als Antwort kommen meist Figuren des öffentlichen Lebens vor, die öfter im Fernsehen auftreten oder häufig in der Zeitung stehen. Ob der Befragte selbst den Kandidaten schätzt oder eher verachtet, geht in die Erhebung nicht ein.
Zur Stimmabgabe pocht man in Deutschland gern auf eine irgendwie geartete „demokratische Pflicht“. Eine mutmaßliche „Verantwortung vor der Geschichte“ drängt Herrn Lehmann und Frau Krause etwas Gewünschtes zu bekunden wie bei der sogenannten Sonntagsfrage: Wem würden Sie jetzt Ihre Stimme geben?
Passend dazu beschwören Wahlkämpfer Missetaten aus dem Dritte Reich, indem sie Mitbewerbern Vorlieben für „Nazismus“ oder „Faschismus“ unterstellen. Demnach wären Linke rot lackierte Nazis und Rechte lauter braune, die blau oder schwarz gestrichen seien. In jedem Fall ist ein schlechtes Gewissen im Spiel für etwas, das die allermeisten allenfalls aus Geschichtsbüchern kennen. Somit haben pflichtschuldige Antworten beim Forschen nach politischen Vorlieben etwas von einem Bußgang armer Sünder.
Im Gegensatz zum Gehätschel von Vorzugspersonen steht die Hexenjagd auf ausgewählte Buhmänner. Am wiedergewählten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, lassen linksgrün gewirkte Vertreter großer deutscher Medien kaum ein gutes Haar. Hinter dem großen Teich kümmert sich indessen kaum jemand darum, was hierzulande gedruckt oder gesendet wird.
Einzig US-Milliardär Elon Musk meldete sich im deutschen Wahlkampf zu Wort, weil er in Deutschland beträchtliche Summen investiert hat, die sich lohnen sollen. Musk verspricht sich offenbar vom überkommenen Parteien-Clan nichts Gutes, sondern stärkte der oppositionellen Alternative für Deutschland den Rücken. Vergebens suchen die verschmähten Altparteien der AfD „Unappetitlichkeit“ anzudichten, als gäbe es in der Politik etwas zu naschen.
Wollte man dem Halali einen unverdienten Wert beimessen, wäre einer der führenden Köpfe der Alternative für Deutschland, Björn Höcke, Wiedergänger des einstigen Reichskanzlers und Führers Adolf Hitler. Der Landesvorsitzende der AfD in Thüringen wurde zum bevorzugten Prügelknaben, weil er einer der erfolgreichsten Politiker seiner Partei ist. Von diesem kühlen Kopf geht wohl die größte Gefahr für liebgewonnene Posten und Pfründe aus.
Sogar unter den braven Micheln regt sich Widerstand gegen den Politbetrieb. Schon 1954 äußerte der Badener Otto Debatin seinen Unmut über „Zu viel Staat“. So lautete der Titel seiner kurzen Schmähschrift, in der er „Eindrücke, Bedenken und Wünsche eines Bürgers“ zusammenfasste: Vater Staat möge sich gefälligst auf das Notwendigste beschränken.
In die gleiche Kerbe hieb sein Landsmann, der Volkswirt, Unternehmer und Publizist Roland Baader aus Kirrlach. Einer seiner markantesten Befunde lautete: „Die politische Kaste muß ihre Existenzberechtigung beweisen, indem sie etwas macht. Weil aber alles, was sie macht, alles viel schlimmer macht, muß sie ständig Reformen machen, das heißt, sie muß etwas machen, weil sie etwas gemacht hat. Sie müßte nichts machen, wenn sie nichts gemacht hätte. Wenn man nur wüßte, was man machen kann, damit sie nichts mehr macht."
Ferner schrieb er: „Die Politik kann die ökonomischen Gesetze nicht außer Kraft setzen, aber sie kann so tun, als ob sie dazu in der Lage wäre. Leider dauert es eine ganze Weile, bis diese Täuschung ihre jeweils desaströsen Wirkungen voll entfaltet und damit offensichtlich wird. Bis dahin ist dann eine neue Generation an Wählern herangewachsen, der man den Bären vom Primat der Politik erneut aufbinden kann.”
Dagegen geht auch der Autor Markus Krall aus Aschaffenburg an. Er bestreitet einen menschengemachten Klimawandel und hat eine unerwünschte Sicht auf die COVID-19-Seuche. In der Politik fänden sich seiner Ansicht vorwiegend Leute, die für die freie Wirtschaft nicht taugten. Politiker zu werden sei daher die ideale Berufswahl für jemanden, der im richtigen Leben versagt habe. Darum würde er das Personal gern drastisch verringern – vier Bundesministerien seien genug.
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Über den Autor: Volker Wittman, geboren in Bochum, Diplom-Mathematiker und Magister der politischen Wissenschaft. Nach Besuch der Deutschen Journalistenschule in München Reporter und Redakteur beim Bayerischen Rundfunk, der Münchner Abendzeitung und Bild. Aufbau der eigenen Agentur pbm (presse-büro-münchen). Freier Korrespondent in Paris, freier Mitarbeiter bei der Preußischen Allgemeinen Zeitung. Wissenschaftliche Tätigkeit an der Universität der Bundeswehr Neubiberg, am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen und an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Buchveröffentlichungen über Astrobiologie „Planet der Hausaffen“ und über die Asylkrise „Sturmflut der Völker“, die beide 2015 im Allstern-Verlag erschienen. Darüber hinaus zahlreiche Artikel in verschiedenen Zeitschriften und Blogs. Letzter Buchtitel ist die „Logikfibel: Eine Schulung im Denken und Argumentieren“ in der Edition Sonderwege des Manuscriptum Verlags.
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