Im Gefolge der Protestgewalt gegen den Polizeitod eines Schwarzen wollte Trump die Antifa verbieten. Das linkspolitische Mediendeutschland dreht durch – und das linke Sportdeutschland heuchelt.
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Das Ereignis ist unbestritten: Vier Polizisten hatten Ende Mai den 46jährigen mehrfach vorbestraften Afroamerikaner Georges Floyd in Minneapolis (Minnesota) festgenommen, weil er verdächtig war, mit einem gefälschten 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben. Nachdem er zu Boden gebracht und mit Handschellen gefesselt worden war, fixierte einer der vier, Derek Chauvin, fast neun Minuten lang Floyds Hals mit seinem Knie - eine in der Polizeischule gelernte, bei korrekter Ausführung ungefährliche Technik - und ignorierte allerdings dessen Hilferufe „I can’t breathe!“ (Ich kann nicht atmen); dokumentiert von einer Passantin per Handy-Video, das rasch viral ging. Mit einem Rettungswagen abtransportiert, starb Floyd, der u.a. wegen eines bandenmäßigen, bewaffneten Raubüberfalls in Houston angeklagt und 2009 dafür zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden war, kurz darauf. Die vier Beamten wurden am Tag nach dem Vorfall fristlos entlassen. Die Generalstaatsanwaltschaft Minnesota wirft dem Hauptangeklagten Chauvin Mord 2. Grades und Totschlag vor – als erstem weißen Polizisten Minnesotas, der wegen des Todes eines schwarzen Zivilisten angeklagt wird. Auch gegen die anderen drei Beamten wurde Anklage erhoben.
Zwischen den Ergebnissen der staatlichen Autopsie des Hennepin County und einer von Floyds Familie beauftragten privaten Autopsie der Universität Michigan ergaben sich Widersprüche. Die erste stellte als Todesursache einen Herz-Kreislauf-Stillstand infolge von Druck auf den Nacken fest. Der Tod sei durch Fremdeinwirkung erfolgt. Zudem hält der Bericht fest, dass Floyd herzkrank gewesen und mit dem Coronavirus infiziert sei sowie unter Bluthochdruck gelitten habe. Zum Zeitpunkt der Obduktion ließen sich außerdem die Drogen Methamphetamin sowie Fentanyl nachweisen. Die zweite kam zu dem Ergebnis, dass Floyds Todesursache Ersticken gewesen sei, Vorerkrankungen hätten nicht vorgelegen. Unabhängig von diesen Ergebnissen kam es bereits am Tag nach dem Tod zu ausgedehnten Demonstrationen gegen Polizeigewalt und Rassismus in Minneapolis. Viele der Demonstranten trugen dabei Plakate mit der Aufschrift „I can’t breathe!“ und skandierten Sprechchöre.
In den darauffolgenden Tagen breiteten sich die Proteste auch auf andere Städte aus und nahmen teilweise gewaltsame Formen an: Es kam zu Straßenschlachten, Plünderungen und Brandstiftungen, wobei auf Plakaten u.a. die linksextremistische Losung „ACAB“ (All Cops are Bastards – Alle Bullen sind Schweine) oder der Slogan „Black lives matter“ (Schwarze Leben zählen) zu lesen waren. Dass letzterer rassistisch ist – „All lives matter“ müsste es gerechterweise heißen – fiel übrigens kaum auf. Und nur der AfD-Europaparlamentarier Maximilian Krah wies auf die Tatsache hin, dass sich auf einer von medium.com veröffentlichten Liste von Unternehmen, die Antifa, Black lives matter etc. finanziell unterstützen, auch deutsche finden, und ausgerechnet von der linken Politik angegriffene Autohersteller, so BMW, Mercedes und Porsche.
Mehrere Menschen kamen dabei ums Leben, darunter der pensionierte schwarze Polizist David Dorn in St. Louis, als er die Plünderung eines weißen Pfandleihers verhindern wollte. Von „kollektiver Hysterie“ spricht der schwarze Harvard-Ökonom Glenn Loury in der NZZ. US-Präsident Donald Trump verurteilte sowohl die Tat als auch die extrem gewalttätigen Proteste dagegen: Es sei absolut unakzeptabel, dass jeden Tag nach Einbruch der Dunkelheit Demonstrationen und Kundgebungen gewalttätig würden, sagte er und kündigte an, das Militär einzusetzen, wenn „eine Stadt oder ein Bundesstaat sich weigert, die Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um das Leben und das Eigentum ihrer Einwohner zu verteidigen“. In 25 Städten, darunter Los Angeles, Chicago und Philadelphia, wurden Ausgangssperren verhängt sowie in Minnesota und Washington, D.C. die Nationalgarde aktiviert.
So weit, so noch überschaubar. Jedoch gaben Trump und sein Generalstaatsanwalt William Barr der „Antifa“ die Schuld an den Protesten. Trump twitterte, dass „Antifa und die radikale Linke für die Unruhen verantwortlich“ seien, und erklärte, die Antifa als terroristische Vereinigung in den USA verbieten zu wollen. Barr folgte mit der Erklärung: „Die Gewalt, die von der Antifa und anderen ähnlichen Gruppen im Zusammenhang mit den Unruhen angezettelt und ausgeführt wird, ist innerstaatlicher Terrorismus und wird entsprechend behandelt werden.“ Diese Schuldzuweisung war für eine bestimmte Klientel in Deutschland unverzeihlich, so dass die Proteste unter dem „Rassismus“-Label prompt internationalisiert und ideologisiert wurden. Und wie und mit welchen Argumenten, ja Inszenierungen das geschah, warf ein mehr als bezeichnendes Licht auf die linksgrüne Heuchelei, von der heute nicht nur Politik und Medien, leider, durchdrungen sind.
„Trump ist ein Maulheld“
Der tagesschau-Faktenfinder Patrick Gensing erklärt zunächst, dass es „die Antifa“ nicht gäbe, vielmehr stehe der Begriff „für Antifaschismus oder Antifaschistische Aktion“ und es handele sich nicht um eine „feste Organisation, sondern um ein Aktionsfeld“. Dennoch würde „von Rechtsradikalen […] immer wieder das Feindbild Antifa als einflussreiche, weit verzweigte Organisation dargestellt“. So sieht die tagesschau daher in den USA auch ganz andere „organisierte“ Kräfte wirken, nämlich „Mitglieder nationalistischer Gruppen, die die Proteste nutzen wollten, Hass gegen Schwarze zu schüren und einen Rassenkrieg zu provozieren“. Monitor-Chef Georg Restle unterstellte Trump in seinem Kommentar bei den Tagesthemen eine Ku-Klux-Klan-Gesinnung. Eine Harvardstudie ergab schon im Mai 2017, nirgends komme Trump schlechter weg als im deutschen Fernsehen.
Laut Merkur warnen Kritiker, „nicht Antifaschisten [würden] die größte Gefahr für die USA darstellen, sondern Rechtsextremisten“. „Trump spielt Diktator“ und „Ein Präsident setzt sein Land in Brand“, textet der Spiegel, sieht Indizien, „dass noch ganz andere Extremisten die Wut der Straße nutzen“, und berichtet von zahlreichen Hinweise darauf, „dass Rechtsradikale hinter etlichen Eskalationsversuchen stünden“. Das SPD-nahe RedaktionsNetzwerk Deutschland RND unterstellt Trump, dass dieser nicht die „soziale Ungerechtigkeit und Rassismus“ als Auslöser für die Ausschreitungen halte, sondern letztere „für ein linkes Komplott“. Bei Zeit Online ist Trump daher der „erste Rassist des Landes“ und habe „keine Ahnung davon […], dass die USA einst am Zweiten Weltkrieg teilgenommen haben, um den Faschismus zu besiegen“ und auch nicht davon, dass „‚Antifa‘ die Abkürzung von ‚Antifaschismus‘“ sei.
Das alte SED-Blatt Neues Deutschland klärt den Leser daher auf, was Antifa wirklich heißt: „gelebte Solidarität mit Geflüchteten und marginalisierten Gruppen. Antifa heißt auch, sich Nazis auf der Straße, im Betrieb und im Alltag entgegenzustellen, um sie daran zu hindern, das zu tun, was sie tun würden, wenn man sie nicht daran hindert.“ Auf Twitter verkündigt der SPD-Parteivorstand in der Folge seine Solidarität mit der Antifa: „157 [Jahre] und Antifa. Selbstverständlich“. Dem schloss sich ebenso SPD-Chefin Saskia Esken an: „58 und Antifa. Selbstverständlich“. Den Slogan „Wir sind Antifa“ twitterten unter anderem die „linksjugend [‚solid] Thüringen“, die „Grüne Jugend Trier-Saarburg“ und die „BUNDjugend Bayern“.
Esken reagierte übrigens auf die Nachfrage eines Followers, ob sie hier also eine Organisation unterstütze, die Deutschlands wichtigster Handelspartner als Terrororganisation einstufen könnte: Die „Antifa ist keine Organisation, Antifaschismus ist eine Haltung, die für Demokraten selbstverständlich sein sollte“, so Esken. Ein unhistorischer Unsinn von Saskia Esken, befand Marcus Ermler auf achgut mit Blick auf den „antifaschistischen“ Gründungsmythos der KPD: „Dass die KPD der Weimarer Zeit obendrein eine Bande von Antisemiten war, die zum Kampf gegen ‚die jüdischen Kapitalisten‘ aufrief und ‚Nieder mit der Judenrepublik‘ schrie, macht es für die heutige Antifa auch nicht besser.“ Denn Ermler weist akribisch nach, dass u.a. in Los Angeles Synagogen und jüdische Geschäfte zerstört und geplündert wurden, worüber in Deutschland nichts zu lesen war, und zitiert das Simon-Wiesenthal-Center SWC, das die Antifa „eine Terrororganisation wie den Islamischen Staat“ nennt. Michael Bonvalot konstatiert im Neuen Deutschland prompt, dass das SWC sich damit „offen auf die Seite der extremen Rechten“ stellen würde.
„Diese Polizei, deren zumindest in Teilen struktureller Rassismus sich in dem Tod Floyds offenbarte, wird seit Jahrzehnten von linken Politikern kontrolliert und gesteuert, mitnichten von Trump oder ihm nahestehenden Personen“, bewies übrigens Felix Schnoor auf achgut. „Meine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem US-Polizeisystem liegt zwar schon einige Jahre zurück, reicht aber immer noch für die sichere Beurteilung aus, dass 90 % der derzeitigen Berichte bei ARD, ZDF, Spiegel, Stern & Co. über die Unruhen in den #USA aus antiamerikanischen Fake-News und der Rest aus linkstendenziösem Unfug besteht,“ so der promovierte Jurist Thomas Jahn auf Facebook.
Die Süddeutsche Zeitung trieb es besonders bunt. „Trump erklärt Amerika den Krieg“ und „Trump ist ein Maulheld, ungeeignet für sein Amt“, keift Kurt Kister. Bürgerkriegsähnlich ist der Mob auf den Straßen, gefährlich nach Bürgerkrieg klinge aber Trump, der die Entsendung von Soldaten angekündigt hatte - Immerhin, das sei nicht das erste Mal in der jüngeren Geschichte der USA, räumt Thorsten Denkler ein. Aber im Gegensatz zu früher sitze nun „ein erratischer Ichling, ein Narzisst, dem das eigene Wohl stets das oberste zu schützende Gut ist“, im Weißen Haus: „Ihm ist alles zuzutrauen.“ Und er hyperventiliert: „Trump ist jetzt offiziell eine Gefahr für die nationale Sicherheit.“ Nach einer Erhebung von Rasmussen Reports liegt Trumps Zustimmungsquote bei schwarzen Wählern übrigens bei 41 %. Den Vogel aber ab schoss auf Twitter der USA-Korrespondent des ZDF, Elmar Thevessen. Er nannte Trumps Maßnahmen den „Beginn einer Trumpschen Militärdiktatur“. Der Schutz der eigenen Bevölkerung vor linken Anschlägen ist diktatorisch? Das ist kein Witz.
„Solche Dünnbrettbohrer schleifen noch die letzten Reste von einstmals anspruchsvollem Journalismus und geben die Begriffe Redakteur, Korrespondent oder gar Politkorrespondent der Lächerlichkeit preis“, ärgert sich Rene Zeyer auf achgut. Selbst die Europäer seien „entsetzt und schockiert über den Tod George Floyds“, muss Klaus-Dieter Frankenberger in der FAZ den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zitieren, der zugleich Unterstützung für die Proteste gegen Machtmissbrauch und Polizeigewalt äußerte – ebenso wie der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD). Da sieht sich selbst Frankenberg gezwungen zu fragen, „ob in den europäischen Reaktionen auf das Geschehen in den Vereinigten Staaten auch hier und da routinierter Antiamerikanismus und eine Portion Selbstgerechtigkeit zum Ausdruck kommen, zumal im Vergleich etwa zu Reaktionen auf den Repressionsaufwand, den China tagtäglich betreibt und demnächst in Hongkong betreiben will.“
Weiße und Schwarze stünden sich in Punkto Mordlust, was die Anzahl der begangenen Morde angeht, in nichts nach, wobei Weiße mit 72% die Mehrheit der US-Bevölkerung stellen und Schwarze mit rund 13% an zweiter Stelle folgen, recherchierte Michael Klein für sciencefiles. Weiße blieben beim Morden eher unter sich, während Schwarze mehr Weiße umbringen als umgekehrt, also häufiger die ethnischen Grenzen überschreiten. „BlackLivesMatter sollte entsprechend um WhiteLivesMatter oder AllLivesMatter ergänzt werden“, befand er und zitiert im Screenshot einen „Alert“-Tweet von @ANTIFA_US vom 31. Mai, 4.03 PM, in dem es u.a. hieß „Tonight’s the night, Comrades … Tonight… we move into the residential areas… the white hoods…. and we take what’s ours”, versehen mit den hashtags #BlacklivesMaters und #FuckAmerica. Sinngemäß kann man übersetzen: „Heute Abend… ziehen wir in die Ortsansässigen-Wohngebiete… der Weißmützen…. und wir nehmen, was uns gehört.“
„Respekt und Verständnis“
Dass sich in Deutschland daraufhin plötzlich der Sport politisierte – in eine Richtung, versteht sich – geschah für viele völlig unvermutet. Pionier war der Deutsche Fußballbund DFB, der aus seinem Regelkorsett ausbrach und „Protestaktionen gegen Rassismus von Bundesliga-Profis auf dem Rasen“ straffrei ließ. Grundsätzlich erlauben die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der DFB keine politischen Botschaften auf der Spielkleidung oder während der Partien. In den DFB-Regeln heißt es unter anderem, dass die Spieler keine Unterwäsche mit „politischen, religiösen oder persönlichen Slogans“ zeigen dürfen. Jadon Sancho hatte am letzten Maiwochenende nach seinem Tor zum 2:0 beim SC Paderborn sein Trikot über den Kopf gezogen und zeigte ein Shirt mit der Aufschrift „Justice for George Floyd“. Sein Teamkollege Achraf Hakimi trug ebenfalls ein Shirt mit diesem Schriftzug. Gladbachs Marcus Thuram sank nach seinem ersten Tor beim 4:1 gegen Union Berlin auf sein linkes Knie und blickte zu Boden, Weston McKennie trug während der Partie gegen Bremen eine Armbinde mit der Aufschrift „Justice for George“ (Gerechtigkeit für George). Olympiasieger und Protest-Ikone Tommie Smith, dessen Black-Power-Geste 1968 in Mexico zum Symbol des Protests im Sport gegen Rassismus wurde, begrüßte in der BamS diese Solidaritätsbekundungen: „Sie haben offenbar verstanden, dass George Floyd auch sie repräsentiert. Er repräsentiert ein System, das Hilfe benötigt.“
Da nach den FIFA-Fußballregeln, an die der DFB gebunden ist, keine politischen, religiösen oder persönlichen Botschaften erlaubt sind, habe der Kontrollausschuss den Sachverhalt überprüft und Stellungnahmen von den Spielern eingeholt. „Natürlich hat der DFB-Kontrollausschuss stets die Vorgaben der FIFA-Fußballregeln und der DFB-Ordnungen im Blick. Im konkreten Fall handelt es sich aber um gezielte Anti-Rassismus-Aktionen der Spieler, die sich damit für Werte starkmachen, für die der DFB ebenfalls steht und immer eintritt“, erklärte Anton Nachreiner, der Vorsitzende des Kontrollausschusses, bei dpa. „Daher werden keine Verfahren eingeleitet, auch bei vergleichbaren Anti-Rassismus-Aktionen in den nächsten Wochen nicht.“ FIFA-Präsident Gianni Infantino hatte zuvor erklärt, dass er die protestierenden Bundesliga-Profis nicht bestrafen würde.
„Ich begrüße den weitsichtigen Beschluss des DFB-Kontrollausschusses ausdrücklich und bin sehr froh darüber“, sagte DFB-Präsident Fritz Keller und betonte: „Der DFB tritt entschieden gegen jede Form von Rassismus, Diskriminierung und Gewalt ein und steht für Toleranz, Offenheit und Vielfalt - also Werte, die auch in der DFB-Satzung verankert sind.“ Deshalb hätten die Aktionen der Spieler „unseren Respekt und unser Verständnis.“ Auch Alfons Hörmann hatte als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) die Sportler in ihren Bekundungen gegen Rassismus unterstützt und „Augenmaß“ von Verbänden in der Bewertung von Protesten gefordert. „Es ist hoch erfreulich, wenn Sportlerinnen und Sportler ihrer Vorbildrolle, die immer wieder eingefordert wird, gerecht werden und in einer solch völlig inakzeptablen Entwicklung ihre Stimme erheben“, sagte er dpa..
Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge teilte „schockiert“ mit: „Rassismus ist völlig inakzeptabel. Dem müssen wir offensiv entgegentreten.“ Der deutsche Fußball-Rekordmeister engagiere sich seit seiner Gründung vor 120 Jahren für Werte wie Respekt, Toleranz und Menschlichkeit. „In unserer Welt haben Diskriminierung, Hass, Ausgrenzung und Gewalt keinen Platz“, unterstrich er und bekräftigte: „Rot gegen Rassismus. Black Lives Matter.“ Mit einer entsprechenden Armbinde liefen am ersten Juniwochenende alle bayrischen Teams auf; auch viele andere, europäisch dominierte Bundesligavereine überboten sich in plumper Symbolpolitik. Prompt gab es für MDR-Moderatorin Stephanie Müller-Spirra kein Halten mehr: Sie moderierte die 120-Minuten-Fußballsendung Sport im Osten im T-Shirt „No heart for Homophobia, Fascism, Racism, Hate“. Wie das mit der Neutralität und Objektivität öffentlich-rechtlichen Fernsehens zusammengehen kann, wurde nirgends thematisiert.
Auch BBL-Präsident Alexander Reil zog nach und verkündete, er halte mögliche Protestaktionen von Spielern beim Basketball-Finalturnier für angemessen. „Meine grundsätzliche Meinung ist, dass die BBL keine Plattform für wesentliche politische Äußerungen sein sollte. Aber selbstverständlich gibt es Möglichkeiten, auch zum Ausdruck zu bringen, dass man gegen jegliche Form des Rassismus ist“, sagte er bei einer virtuellen Pressekonferenz. BBL-Geschäftsführer Stefan Holz war zuvor wegen eines vermeintlichen Verbots von Protestaktionen in die Kritik geraten, hatte seine Aussagen wenig später in einem Statement aber präzisiert und sich entschuldigt. Selbstverständlich akzeptiere und respektiere die Liga, „wenn der persönlichen Betroffenheit zu den unsäglichen Vorgängen in den USA auch verbal oder nonverbal Ausdruck verliehen wird. Es stand und steht nie zur Debatte, dass derartiges Engagement in Form eines Statements gegen Rassismus sanktioniert wird“.
„Rassismus entlernen“
Was das für die Semantik bestimmter tradierter Begriffe und vor allem für das Verständnis von Politik zu tun hat, soll hier gar nicht diskutiert werden; es ist entsetzlich genug. Ganz und gar nicht unvermutet aber war nicht nur angesichts des Fußballhypes, dass diverse Organisatoren auch zu entsprechenden realitären Anti-Rassismus-Protesten mobilisierten – allein in Frankfurt, Berlin, München, Stuttgart und Hamburg demonstrierten am ersten Juni-Wochenende jeweils mehrere tausend Menschen, „viele bewusst in schwarzer Kleidung“, sagte Moderator Ingo Zamperoni zum Auftakt der Tagesthemen. Das ist kein Witz. „Vermutlich hat er schon mal was über den Schwarzen Block gehört, den strafenden Arm der Antifa, der in Connewitz für Ordnung sorgt und in Hamburg ganze Straßenzüge dekonstruiert. Und dessen Mitläufer sich jetzt ‚solidarisch mit den Opfern‘ des Rassismus in den USA zeigen“, erregt sich Henryk M. Broder auf achgut. Denn weil schwarz für Freiheit, Gerechtigkeit und Zivilcourage stehe, „hat auch die SS gerne schwarz getragen, und das Mitteilungsblatt dieser Organisation hieß nicht zufällig ‚Das Schwarze Korps‘“, ärgert er sich.
Klein schreibt von „feigen Edelrassisten“, die „für Menschen schreien, die sie nicht kennen“, die ihre großen Gefühle „ausschließlich in Staaten ausleben, in denen man sicher sein kann, nicht etwa in der Weise von Panzern niedergewalzt zu werden, wie die Studenten, die sich 1989 in China auf dem Tiananmen Square eingefunden haben, um ihre Freiheit einzufordern“. Er erkennt eine „bedenkliche Hysterie, die einmal mehr zeigt, dass die Linke vornehmlich von gescheiterten Existenzen getragen wird, die ihr Leben nur ertragen können, wenn sie in Straßen marschieren und sich die Kehle voller vermeintlich Gutem aus dem hassverzerrten Gesicht schreien können“. Die armenische Publizistin Jaklin Chatschadorian fragt bei Facebook völlig berechtigt „Was machen eigentlich die #BlackLivesMatter Demos in Istanbul, Tunis, Riad, Doha, Kabul und Islamabad?“ Oder gar in Südafrika, müsste man ergänzen. „Falls nach diesen Mega-Demos die Corona-Infektionszahlen nicht massiv ansteigen, sind sämtliche Beschränkungen obsolet“, freuen sich dagegen viele Lockdown-Gegner.
Ein Leser kommentierte, erschreckend genug: „Es war damals in der DDR auch gängige Praxis, Terroristen zu unterstützen, die den Westen destabilisieren sollten. Daran sollten wir immer denken, wenn wir solche Nachrichten hören.” Dessen ungeachtet forderte Aminata Touré, 27jährige grüne Vizepräsidentin des Landtags Schleswig-Holstein mit Wurzeln aus Mali, zugleich Fraktionssprecherin für Migration, Frauen und Gleichstellung, Kinder und Jugend, Queer und Antirassismus, in der Welt, „wir“ (wer ist das eigentlich?) müssten „Rassismus entlernen“. Denn wir alle wüchsen „in einer Gesellschaft auf, in der Rassismus üblich ist.“ Begriffe wie Diskriminierung suggerierten, „dass eine latent rassistische Gesellschaft bestimmte ethnische oder religiöse Gruppen daran hindere, ihre Talente zu entfalten“ ärgert sich Thorsten Hinz in der Jungen Freiheit und verweist darauf, dass Ostasiaten sich so gut wie nie auf diese Erklärung zurückziehen: „Wenn sie auffällig werden, dann durch Fleiß und Wissen. Es braucht eben Voraussetzungen, die durch keine Sozialtechnik zu ersetzen sind.“
Dass der Lernbegriff bedeutet, dass „wir“ Rassismus von jemandem an einem bestimmten Gegenstand auf eine bestimmte Weise „gelernt“ haben müssten, kommt der pädagogisch völlig unbeleckten Touré nicht in den Sinn. Was das für den Wahrnehmungsbegriff und die Gestaltpsychologie sowie deren Wahrnehmungsgesetze, vor allem das der Ähnlichkeit, bedeutet, erst recht nicht. Insofern muss man ganz deutlich benennen, dass mit solchem argumentativen Unsinn uns Mitteleuropäern (die gerade noch 10 % der Weltbevölkerung ausmachen, weshalb es ja gegen uns auch keinen Rassismus geben kann, mit Ausnahme der offenbar schwarzen Juden) unsere Hell-Dunkel-Wahrnehmung, unsere evolutionäre Schwarz-Weiß-Semantik ausgetrieben werden soll – ganz ungeachtet der physiologischen Tatsache, dass die originale Hautfarbe der Menschen schwarz war. Erst nachdem einige unserer Vorfahren vor 100 000 bis 70 000 Jahren Afrika verließen und sich in Breiten mit weniger intensivem Sonnenlicht ausbreiteten, mussten sie weniger Pigmente bilden, damit durch die Haut genug UV-Strahlung eindringen und sie genug Vitamin D aufbauen konnten - weiße Haut war eine biologische Anpassungsreaktion auf verändertes Klima, die natürlich unsere Seinsweise in Gänze revolutionieren musste.
Prompt wurde jede Gegenbestrebung sofort und unerbittlich bekämpft, wie der öffentliche „Fall“ des Eishockeyprofis Mark Zengerle (Eisbären Berlin) zeigte: Als Trump verlauten ließ, dass die Antifa künftig als eine terroristische Organisation eingestuft werden würde, kommentierte auf Twitter „Thank you Mr. President.“ Das kam gar nicht gut an. Tenor aus der Berliner und deutschen Eishockeyszene: Was will so ein Mann bei den Eisbären, bei denen ja auch einige Fans der Antifa nahestehen würden. Es wurde sarkastisch in die Welt gefragt, ob sich Zengerle, wenn dann mal wieder Eishockey gespielt wird, von Terroristen anfeuern lassen müsse. Die Eisbären sollten sich doch sofort von dem Spieler trennen.
„Er bewegte sich damit durchaus auf demokratischem Boden“, muss Claus Vetter im Tagespiegel eingestehen. „Er hatte eine Meinung geäußert zu seinem Präsidenten, Zengerle stammt aus dem US-Staat New York“. Allerdings hat der Angreifer – 31 Jahre alt, vier Jahre Studium der Medizin- und Wissenschaftskommunikation – einen deutschen Pass. Also macht, wer als deutscher Profi Eishockey spielt, „auch als deutscher Staatsbürger politische Statements. Insofern ist die Aufregung um die Aussage zum Thema Trump tiefergehend“, dekretiert Vetter. Sportdirektor Stéphane Richer sprach mit dem Spieler und legte ihm „deutlich die ethischen Grundwerte der Eisbären Berlin und der gesamten Anschutz Entertainment Group“ dar, berichtet Vetter. Zengerle entschuldigte sich daraufhin öffentlich, er wolle doch nur, dass die Gewalt in seiner Heimat ein Ende habe und auch der Rassismus. Sein Twitter-Account ist nicht mehr frei einsehbar, sein Tweet gelöscht.
„gern öfter politisch Stellung beziehen“
Das Befremdende daran ist: Autor Vetter kritisiert eine freie Meinungsäußerung statt, wie es Journalisten früher taten, diese zu verteidigen. „Es ist nicht verboten, Trump und damit seine oft widersinnigen Aussagen zu mögen“, muss Vetter zwar erneut zugeben. „Aber ein Profi hat auch eine soziale Verantwortung, das dürfte Mark Zengerle nun womöglich gelernt haben. Dazu gehört, dass sein Arbeitgeber ethische Grundsätze hat, die offensichtlich tiefer gehen als die des US-Präsidenten.“ Das ist kein Witz. Nicht nur, dass es mehr als bedenklich ist, wenn jemand von seinem Arbeitgeber genötigt wird, seine von jeder Meinungsfreiheit gedeckte Stellungnahme zu revidieren. Man stelle sich einfach nur vor, ein Fußballer würde sich pro Trump aussprechen – würde der DFB hier auch auf Strafverfolgung verzichten? „Spitzenfussballer dürfen gern öfter politisch Stellung beziehen“, heißt es in derselben (!) Zeitung. Gilt das für JEDE Stellungnahme? Das simple Weltbild, das nicht nur hier aufscheint, lautet „Wer gegen Antifaschismus ist, muss wohl ein Faschist sein“. Das ist eine unerträgliche Enthistorisierung.
Auf die Spitze getrieben wurde die in der Welt von Deniz Yücel, der einst Tilo Sarrazin wünschte, dass der nächste Schlaganfall sein Werk gründlicher verrichten möge. Er entblödete sich nicht zu behaupten „Historisch hat sich die Mitte, von Ausnahmen abgesehen, eher mit dem Faschismus arrangiert, anstatt diesen zu bekämpfen“, und kommt prompt zu dem Schluss „Erträglicher ist es dort, wo es eine Antifa gibt; zivilisiert, wo sie die Oberhand hat“. Entsprechend bedeutet Antifa im Kern „Zivilgesellschaft“, für ihn „Selbsthilfe: nicht darauf warten, dass der Staat die Probleme beseitigt, sondern selber handeln. Dass diese Selbstermächtigung bei manchen Antifas über die Selbstverteidigung hinaus bis zur offensiven Gewaltanwendung reicht, ist problematisch, macht aber nicht den Kern der Antifa aus“. Fazit: „Antifaschismus ist kein Fall für die Polizei, sondern demokratische Selbstverständlichkeit.“ Das dürfte die Polizei mindestens in Berlin anders sehen, wo die ethnokriegerische Gewalt inzwischen angekommen ist: Ein Mob von bis zu 300 Menschen zog am ersten Junifreitag nachts durch Neukölln, warf mit Pflastersteinen mehrere Fensterscheiben von Ladengeschäften ein, attackierte eine Bank, ein Job-Center sowie mehrere Autos und zündete Pyrotechnik. In einem Bekennerschreiben auf Indymedia hieß es „Wir haben Hass auf das System“ und „George Floyd – das war Mord! Widerstand an jedem Ort!“ Erträglich? Zivilisiert?
„Der Mob tobte in Neukölln und verwüstet ganze Straßenzüge. Wo bleibt der Aufschrei der Zivilgesellschaft bzw. die Reaktion des Senats? Seit Jahren werden kriminelle Aktionen der Antifa und ihrer Sympathisanten verschwiegen, relativiert oder positiv bewertet. Linke Gewalt, die für eine vermeintlich gute Sache ist, wird ja immer moralisch legitimiert. Unsäglich!“ twittert der Berliner Chef der Polizeigewerkschaft, Bodo Pfalzgraf. Ex-SPD-Vize Ralf Stegner twitterte noch Stunden zuvor „Das anständige Amerika wehrt sich gegen den offen zutage tretenden Rassismus und die Polizeigewalt.“ Ein Follower entgegnete „Das anständige Amerika zieht nicht plündernd und brandschatzend durch die Städte. Und ein anständiger Politiker solidarisiert sich auch nicht damit.“ Zu Neukölln schwieg Stegner selbstredend. Pikant daran: erst 48 Stunden zuvor hatte der Berliner Senat die Polizei unter Generalverdacht gestellt und im sogenannten Antidiskriminierungsgesetz eine Beweislastumkehr bei angeblicher Diskriminierung festgeschrieben.
Der Bruder des getöteten Floyd wurde übrigens von Trump und dessen Gegenkandidat Joe Biden angerufen. „Der Präsident nahm sich ganze zwei Minuten Zeit für ihn“, klagte Nicolas Büchse im Stern – die für viele Beobachter nachvollziehbare These, der ganze faule politmediale Zauber richte sich gar nicht gegen Rassismus, sondern gegen Trump, äußerte hier bereits Helmut Roewer. Dass aber Angela Merkel (CDU) oder Frank-Walter Steinmeier (SPD) bei den Angehörigen der Terroropfer von Anis Amry, den Eltern der erstochenen Mia aus Kandel oder gar der weißen Mutter des Achtjährigen, den ein schwarzer Eritreer Ende Juli 2019 im Frankfurter Hauptbahnhof vor einen einfahrenden ICE gestoßen hatte, überhaupt anriefen, ist nicht überliefert. Im Gegenteil: die Proteste von Bürgern bspw. in Kandel wurden kriminalisiert. Von Aktivisten, die „versuchen, den bürgerlichen Zusammenhalt zu zerstören“, sprach in der Welt Alexander Schweitzer, Landtags-Fraktionschef der rheinland-pfälzischen SPD, die gar Gegendemonstranten ankarrte.
Diese ideologisch motivierte Ungleichbehandlung ist schon für sich verstörend. Noch viel verstörender ist, dass sie niemandem (mehr öffentlich) auffällt. Und am verstörendsten ist, dass sämtliche deutsche Medien die Trauerfeiern in den USA für den Vorbestraften – und es gab deren drei! – in unerträglicher Weise affirmierten. „Ein marxistisches System erkennt man daran, dass es die Kriminellen verschont und den politischen Gegner kriminalisiert“, erkannte Alexander Solschenizyn. Darüber darf man wirklich nicht mehr nachdenken, will man noch halbwegs gesund dieses System überstehen – einerlei, ob man es nun marxistisch oder wie auch immer nennen mag.
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Über den Autor:
Thomas Hartung, geb. 1962 in Erfurt; promovierte nach seinem Lehramtsstudium in Magdeburg 1992 zur deutschen Gegenwartsliteratur und war danach als Radio- und Fernseh-Journalist in Sachsen-Anhalt und Sachsen sowie als freiberuflicher Dozent für Medienproduktion und Medienwissenschaft an vielen Hochschulen Deutschlands tätig; der bekennende „Erzliberalkonservative“ trat als Student in die LDPD ein und 1990 aus der FDP aus: von „misslungener Einheit“ nicht nur mit Blick auf die Parteienfusion spricht er bis heute; Hartung war im April 2013 Mitbegründer der AfD Sachsen und wurde zweimal zum Landesvize gewählt. Seit März 2020 ist er Pressesprecher der AfD-Fraktion Baden-Württemberg.
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