Penny betreibt Umwelterziehung, die Tagesschau lobt das – mit fingierten Interviews. Gebührenzahler finanzieren so Gefälligkeitsjournalismus, Propaganda und Umerziehung zugleich. Das ist beschämend.
Dass sich unter grüner Regierungsbeteiligung die deutsche Politik zunehmend „in unerbetene Lebenshilfe und aufdringliche Sozial-Therapeutik“ verwandelt, wie Rüdiger Suchsland auf telepolis feststellte, kann inzwischen als allgemein anerkannt gelten: Nach Tipps zur Duschzeitverkürzung (Robert Habeck), zur Waschlappenwäsche (Winfried Kretschmann), zum Reiseverhalten (Heinrich-Böll-Stiftung) und dem geplanten Verbot von Öl- und Gasheizungen (nochmal Robert Habeck) verkündete Cem Özdemir ein Werbeverbot für „ungesunde“ Lebensmittel bei Kindern. Neu ist allerdings, dass diese Umerziehung nicht nur von Medien, sondern zunehmend auch der Wirtschaft selbst praktiziert wird. Und bezeichnend ist, dass beides inzwischen in eins fällt.
Den Wirtschaftspart übernahm Anfang August der zum REWE-Konzern gehörende Discounter Penny mit der Aktion „Wahre Preise“: In neun Produkte seiner Eigenmarken wurden die mit „wissenschaftlicher Hilfe“ ermittelten Kosten für die Posten Klima, Wasser, Boden und Gesundheit hineingerechnet: Eine Berechnungsmethode „zwischen Algebra und Kaffeesatzleserei“ erkannte Alexander Kissler in der NZZ. Der Probewarenkorb enthält vier tierische Bioprodukte, vier tierische konventionelle Produkte und ein veganes Produkt. Die erhobenen Bio-Lebensmittel haben Umweltfolgekosten in Höhe von durchschnittlich 1,15 Euro, die konventionellen von durchschnittlich 1,57 Euro und das vegane Food For Future Schnitzel von 14 Cent. Am meisten verteuert sich der Preis für die Würstchen „Mühlenhof Wiener“, nämlich von 3,19 auf 6,01 Euro. An der Aktion beteiligten sich alle 2150 deutschen Penny-Märkte; die Mehreinnahmen gehen an das Penny-eigene Alpen-Ökoprojekt „Zukunftsbauer“.
Grüngewaschen
Penny-Chef Stefan Görges räumt bei heise ein, dass viele Menschen unter hohen Lebensmittelpreisen leiden. „Dennoch müssen wir uns der unbequemen Botschaft stellen, dass die Preise unserer Lebensmittel, die entlang der Lieferkette anfallen, die Umweltfolgekosten nicht widerspiegeln.“ Dafür wolle sein Unternehmen Bewusstsein schaffen. In Europa habe es bisher keinen vergleichbar breiten Ansatz gegeben. Nachhaltigkeitswissenschaftlerin Dr. Amelie Michalke von der Uni Greifswald ergänzt, es gehe nicht darum, die wahren Kosten unmittelbar für alle Lebensmittel einzuführen. „Dazu fehlen die umfassenden wissenschaftlichen Grundlagen ebenso wie Antworten auf zentrale Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Wir erhoffen uns einen starken Impuls, damit wir Preise für Lebensmittel in einer anderen und (verursacher)gerechteren Form diskutieren und betrachten.“ Eine „durchsichtige, durchaus als kalkuliertes Greenwashing bewertbare PR-Aktion von Penny“ erkennt Ex-SWR-Intendant Peter Voss in der FAZ.
Den Medienpart übernahm am Tag des Kampagnenstarts der öffentlich-rechtliche WDR, der für die Tagesschau und die Tagesthemen über die Aktion berichtete. Der Beitrag war von seiner Struktur ohnehin schon stark geframed, denn nur Befürworter, ein grüner „Verbraucherschützer“ und der entsprechende Professor von der Hochschule Nürnberg kamen zu Wort, aber kein Kritiker, monierte Klaus-Rüdiger Mai auf Tichys Einblick TE. Lediglich bei den befragten Kunden schien Parität hergestellt: Eine Kundin lehnte solche Beutelschneiderei ab, eine andere zeigte sich hingegen aufgeschlossen, so werde man zum Nachdenken angeregt. Doch schnell stellte sich heraus: Die umweltschutzbewegte Kundin war WDR-Mitarbeiterin, der Sender interviewte sich also selbst. „Womöglich systemisch bedingte Politskandale“, deren „Dichte beachtlich“ sei, monierte Voss mit Blick auf die öffentlich-rechtliche Vorgeschichte.
Als der Blogger ArgoNerd darauf aufmerksam machte – und nach ihm auch andere – erhob sich prompt ein Shitstorm. Auf Twitter etwa ist von einem „inszenierten Interview“ die Rede, um „die Kampagne positiv“ darzustellen, ein User bezeichnet den Vorfall als „Gefälligkeitsjournalismus für Links-Grün“, ein anderer fragt: „Wie viel Zufall steckt da wirklich drin?“ Wenn von Medien befragte Passanten in Wirklichkeit interessierte Akteure sind, die ihre eigene Agenda als Volkes Stimme ausgeben, erscheinen diese Medien als Partei, wo sie Beobachter sein wollen, ärgert sich Kissler: „Wenn gar der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Rosstäuscherei entweder toleriert oder sogar inszeniert, verschärft eine solche fingierte Authentizität das Glaubwürdigkeitsproblem von ARD und ZDF.“ Alexander Wendt sprach auf TE gar von einer „Vertrauensinsolvenz“: Die grüne Agenda der „Umweltkosten“ wird mit Fernsehgebühren manipulativ an den Bürger gebracht.
Reiner PR-Gag
Nun sind politische Aktionen von Unternehmen, gerade mit einem Faible für woke und/oder gegen konservative Themen, seit geraumer Zeit ein Trend: Rewe selbst hatte 2018 über eine Sonderedition der „Erdnuss Chocs“ seiner Handelsmarke „Ja“ mit der Aufschrift „Ja zu Vielfalt & Toleranz“ genau dafür geworben. Sixt etwa hatte 2016 eine Kampagne gegen Alexander Gauland „Für alle, die einen Gauland in der Nachbarschaft haben“ kreiert – der AfD-Vorsitzende hatte gemeint, dass man neben jemandem wie dem farbigen Fußballer Boateng „nicht leben wolle“. Der FC St. Pauli brachte das Duschgel „Anti-Fa – die wilde Frische der Straße“ als „Das erste Duschgel mit Haltung“ heraus. Markeninhaber Henkel zeigte sich nicht begeistert – und wurde auf Twitter prompt angefeindet: „Also ist Antifaschismus nicht mit der Marke Henkel zu vereinbaren? Frage für zukünftige Einkäufe“, so ein User. Zuletzt bekam Adidas eine Kritik-Welle für einen geschlechtsneutralen Badeanzug ab und musste Budweiser seine Werbung mit einer Trans-Aktivistin teuer bezahlen: Die Bier-Marke „Bud Light“ verlor infolge einer Boykott-Aktion ihre Marktführer-Position in den USA, der landesweite Absatz sank um 30 Prozent.
Andere Unternehmen agieren zwar einmischend-positionierend, aber nicht so heftig, dass sie Shitstorms oder gar messbare Einbußen erleiden. So wollte die Brauerei Becks als „Label der Woche“ im Rahmen der „deinbecks“-Kampagne mit dem Spruch „Gegen braune Flaschen“ ein „Zeichen“ setzen. „fritz-kola“ entwarf unter dem Slogan „lieber fritz als horst“ eine Kampagne gegen Heimatminister Horst Seehofer (CSU). Eine weitere Gruppe von Unternehmen liefert vor allem in Sachsen eher Statements mit Aktionen, die im weiten Sinn der Corporate Social Responsibility (CSR: Unternehmerische Gesellschafts- oder auch Sozialverantwortung) angehören. Die Uhrenmanufaktur Nomos Glashütte hat am Firmensitz ein Plakat aufgehängt „Nein zu rechtem Gedankengut. Ja zu Toleranz und Weltoffenheit“ und bietet der Belegschaft steuergeldfinanzierte Seminare an, wie sie mit Pegida und „Rechten“ umgehen könne. Der Bass-Gitarrenbauer Warwick aus dem Vogtland vertreibt in seinem Online-Shop T-Shirts mit der Aufschrift „Bassists against racists“.
Penny nun hatte mit einer vergleichbaren Aktion 2020 bereits Schlagzeilen gemacht. Damals hatte der Discounter in einer Berliner Filiale für je acht konventionell und ökologisch erzeugte Eigenmarken-Produkte neben dem Verkaufspreis auch den „wahren Preis“ ausgewiesen. „Der Aktion im Supermarkt müssen endlich grundlegende Maßnahmen folgen. Die Supermarktketten sind dabei ebenso in der Pflicht wie die Bundesregierung“, sagte der Landwirtschaftsexperte der Umweltorganisation Greenpeace, Matthias Lambrecht. Auch der Bund Umwelt und Naturschutz und der Bundesverband der Verbraucherzentralen forderten bei einer dpa-Umfrage, das Problem der verdeckten Umweltkosten bei der Lebensmittelproduktion müsse endlich konsequent angegangen werden. Ein Weg wäre nach Einschätzung der Verbände die Senkung der Mehrwertsteuer auf in der Produktion weniger umweltbelastende Lebensmittel wie Obst und Gemüse. Laut Meinungsforschungsinstitut Civey will fast jeder zweite Konsument zwar Produkte häufiger kaufen, wenn sich die politischen Äußerungen von Unternehmen mit den eigenen Auffassungen decken. Letztlich wünsche sich aber nur jeder dritte Konsument (31,4 %) eine klare Haltung von Unternehmen; 58,6 % dagegen sprechen sich für Neutralität aus. Dass „Haltung“ auch ins Lächerliche kippen kann, bewies die Regenwald-Aktion von Krombacher, die für so viel Spott gesorgt hatte, dass sich der Spruch vom „Saufen für den Regenwald“ in den Köpfen festsetzte.
Mit dieser Aktion wälze der Discounter seine unternehmerische Verantwortung auf die Kunden ab, was aber nicht seine Aufgabe sei, so der verbraucherpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion Baden-Württemberg, Bernhard Eisenhut MdL. „Discounter sind weder staatliche Gesundheitsshops noch staatlicherseits beauftragte Umweltaufsichtsbehörden. Jetzt soll der Kunde draufzahlen, damit Penny sich ein reines Gewissen verschaffen kann. Penny sollte den Kunden lieber lückenlos erklären, warum etwa Penny-Olivenöl heute fast doppelt so teuer ist als noch 2019 und wieviel Geld davon der Olivenanbauer damals und heute bekommt.“ Ähnlich sieht das die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, die von einem „reinen PR-Gag“ spricht. Während Penny für gerade einmal neun seiner Produkte die „wahren Preise“ verlange, drücke der Discounter gleichzeitig die Preise für etliche andere klima- und umweltschädliche Lebensmittel wie Fleisch aufs Minimum. Würde Penny übrigens Tankstellen betreiben, läge bei der „Wahre Kosten“-Benzinpreis bei ca. 50 Cent pro Liter.
Sehr dünnes Eis
Für den Kölner Wirtschaftsethiker Dominik Enste wagt sich Penny auf „sehr dünnes Eis“. Es entstehe der Eindruck: „Da will mir jemand wieder mal vor Augen führen, wie schlecht ich mich doch verhalte. Dabei kann der Einzelne oft wenig ändern – gerade beim Klimaschutz braucht es andere politische Rahmenbedingungen und auch technische Innovationen, nicht Einmalaktionen wie bei Penny, die nur auf die Wahrnehmung nicht auf die Verhaltensänderungen einwirken. … Ablehnende Reaktionen spiegeln auch wider, dass dort ein Unternehmen meint, moralischer zu sein als andere. Und einige Menschen wollen sich einfach nicht von einem Discounter, der von günstigen Preisen lebt, sagen lassen, dass sie gefälligst mehr zahlen müssten, um moralisch zu handeln.“ Widerstand würde zeigen, dass eine größere Zahl von Menschen sich gesellschaftlich nicht mehr mitgenommen fühlt.
Es sei wichtig, glaubhaft zu machen, dass man zwar fest für die eigenen Werte einsteht, aber sich nicht gegen alle anderen für moralisch überlegen hält, so Enste. Klar ist für ihn, dass Ethik nicht einfach über der Wirtschaft stehen kann: Man dürfe sich nicht überfordern, „und ein ständiges schlechtes Gewissen sorgt eher für Niedergeschlagenheit bis hin zu Ignoranz als für Verhaltensänderungen.“
Penny-Pressesprecher Andreas Krämer erklärte dagegen in der absatzwirtschaft, es sei weder Ziel noch Anspruch, Kunden umzuerziehen: „Wir verlieren mit ‚Wahre Preise‘ einen einstelligen Millionenbetrag am Wochenumsatz. Penny ist selbst Teil der wirtschaftlichen Herausforderungen, vor der wir alle stehen. Wir können nicht allein für fairere Preise sorgen, das muss vor allem die Politik bewerkstelligen. Beispielsweise muss jene klären, wie hoch das Bürgergeld sein müsste, damit auch Kund*innen mit wenig Geld höherpreisige Produkte kaufen können.“ Moment: Wird hier suggeriert, vielleicht nicht mehr genug zu essen zu haben, ja mit der Angst gespielt, sich demnächst sein Essen gar nicht mehr leisten zu können? Diese Implikation von Lebensgefahr durch Verhungern ist die
wohl destruktivste PR-Idee aller Zeiten.
Es reicht nicht, wenn die Lebensmittelpreise durch die Inflation und Energiepolitik des grünen Irrwegs explodieren – Penny übt sich also auch noch im regierungstreuen „Nudging“. Diese Hochpreisigkeit nun war es, die nach Ansicht vieler Menschen den WDR zu seiner (Un-)Tat trieben: Das Drehteam habe schlicht niemanden gefunden, der die Preisaktion befürwortete. Allerdings verbergen sich hinter der bestellten Aussage der telegenen Produktionsassistentin, die mit leicht veränderter Namensschreibweise, aber ohne Funktion vorgestellt wurde, gleich drei mediale Dimensionen: eine ethische, eine journalistische und eine politische. Die ethische besteht simpel gesagt darin, als (Mit-)Produzent eines Mediums nicht in eine aktive Rolle als Rezipient dieses Mediums zu schlüpfen: „Warum hat die Kollegin überhaupt Stellung genommen und dies nicht schlicht verweigert … wusste sie nicht, dass das nun mal nicht geht? Und wenn sie es nicht wusste, was sagt das über ihre Qualifikation aus?“, empörte sich der greise Voss.
Als journalistische muss die wuchernde Unart gelten, einen Fernsehbeitrag auf eine geplante, zunehmend didaktisch-moralische Aussage hin zu produzieren und dazu alle ästhetischen, dramaturgischen und damit auch inszenatorischen Mittel zu nutzen, die dem Aussagewunsch dienen – bei bewusstem Weglassen alles Unpassenden in der Art einer „scripted reality“. Voss hatte „den Eindruck, er könnte direkt von der Werbeabteilung des Discounters zugeliefert worden sein, so affirmativ kam er daher.“ Auch Mai bilanziert: „Journalistische Standards gelten offensichtlich in der ARD nicht mehr.“ Und solche ethischen sowie journalistischen Fehler passieren immer nur in eine politische Richtung, die dritte Dimension: „Es ist noch kein AfD-Politiker unbemerkt in eine Befragung geraten, wo er seine Partei als ‚neutrale Stimme‘ über den Klee loben konnte. Und es wurden auch noch keine Halbsätze von Annalena Baerbock ‚zufällig‘ herausgeschnitten, um ihre Aussagen substanziell zu verändern“, so Bernd Stegemann in der FAZ. Gäbe es diese Fehler auf allen Seiten des politischen Spektrums, so müsste man sich um die Qualität der Mitarbeiter sorgen, aber nicht um ihre politisch einseitige Ausrichtung.
Einseitiger Aktivismus
Es ist die ungute Verquickung dieser drei Dimensionen, die schon länger beobachtbar ist und vielen konservativen Publizisten auffiel, die die doppelte Umerziehung analysierten und reflektierten. So könne auch ein „kleiner Routineskandal“ eine Wirkung entfalten, „die weit über den eigentlichen Fall hinausgeht“, erkannte Alexander Wendt auf TE: „Vor allem dann, wenn es sich um den soundsovielten Fall nach dem gleichen Muster handelt. Das einzelne Ereignis steht dann stellvertretend für dutzende andere. Und der Skandalverursacher fragt sich, was denn dieses Mal anders sei. Er versteht die Welt nicht mehr.“ An dieser einen Geschichte zeige sich exemplarisch, dass es möglich ist, Vertrauenskapital bis zum letzten Rest aufzubrauchen: „Irgendwann gibt es auch keinen neuen Kredit mehr.“
Für Kissler zeigen die jüngsten Tabubrüche gar, „dass derart plumper, derart einseitiger Aktivismus sich mit einem drakonisch eingetriebenen Pflichtbeitrag, der eine ‚Demokratieabgabe‘ sein will, nicht verträgt. So arbeiten die Sender ihrer Abschaffung zu“ – obwohl sie ab 2025 deutlich mehr Geld verlangen. Der Aktivismus trat bereits zutage in den widersprüchlichen Twitter-Beschwichtigungen des WDR-Chefredakteurs Stefan Brandenburg: „Die Kollegin ist zufällig nach ihrer Frühschicht in der Umfrage angesprochen worden. Sie hat dem Reporter, der sie nicht kannte, sinngemäß gesagt: ‚Ich komme gerade vom WDR-Radio.‘“ Der Reporter habe allerdings verstanden: „Ich habe es im WDR-Radio mitgekriegt.“ Grund für das Missverständnis war der Ort des Interviews, ein „Supermarkt mit vielen Nebengeräuschen“. Das ist kein Witz.
Nachdem der Schwindel ruchbar wurde, löschte die ARD das Interview mit der als Kundin getarnten Mitarbeiterin und schrieb als Transparenzhinweis: „Diese Sendung wurde nachträglich bearbeitet.“ Laut ArgoNerd war das allerdings schon eine Korrektur der Korrektur. Brandenburg hielt dennoch an der Zufallsgeschichte fest und versuchte sein Heil in der Flucht, indem er behauptet: „Glaubt ernsthaft jemand, gestern hätte kein Penny-Kunde die ‚Wahre Preise‘ Aktion gut gefunden, so dass wir eine Mitarbeiterin als Schauspielerin hätten einsetzen müssen? Passiert ist ein saublöder Fehler … Hannah Mertens, die hier von BILD völlig zu Unrecht als angebliche Tagesschau-Moderatorin (die sie nicht ist) mit Betrugsabsicht an den Pranger gestellt wird, hat diesen Fehler absolut nicht zu verantworten.“
In dieser Situation brachte es ARD-Chefredakteur Marcus Bornheim fertig, die Affäre im DLF weg- und diejenigen, die darauf aufmerksam machten, zum eigentlichen Problem zu erklären. Es gebe „eine Handvoll, vielleicht auch zwei Handvoll von Accounts, die […] ganz konsequent unsere Angebote […] scannen und immer danach suchen, um daraus nach Möglichkeit einen Skandal zu konstruieren.“ Darüber würden dann „bestimmte Verlage“ berichten, die damit „Clickbaiting“ betrieben: „Das ist ein gut funktionierendes Geschäftsmodell.“ Das ist auch kein Witz. Als der Interviewer vorsichtig anmerkt, es handle sich bei den aufgespürten Zufällen ja immerhin um echte Fehlleistungen, meint der ARD-Funktionär, ja gewiss, der Senderverbund korrigiere sich dann ja auch jedes einzelne Mal, wenn ihn andere erwischen würden: „Das stärkt unsere Glaubwürdigkeit“. Überhaupt: „Glaubwürdigkeit ist das Beste, was wir anbieten können“. Aussagen, die fatal an jene des einstigen Tagesschau-Chefredakteurs und heutigen SWR-Intendanten Kai Gniffke von 2017 erinnern, der inzwischen ARD-Vorsitzender ist: „Wir werden auch weiterhin kritisch berichten… Am wichtigsten aber: Wir jubeln Ihnen keine Meinung unter, weder offen, noch zwischen den Zeilen. Wir wollen informieren, nicht missionieren. Wir sind Journalisten – und keine Lügner.“
AfD-Hirse will ich nicht essen
Diese Behauptungen wurden nun nicht nur von Wendt anhand vieler Beispiele ad absurdum geführt, von denen nur einige hier wiedergegeben werden sollen. Mai verwies darauf, wie eisern der Sender über die Ausschreitungen und den Terror, der in der Silvesternacht 2015/2016 sogar vor der eigenen Haustür tobte, schwieg: „Wer nicht mitbekommt, was vor der eigenen Haustür geschieht, wie sollte der wissen, was sich so alles in einem Discounter ereignet?“ Kurz vor der Wahl in Berlin 2023 berichtet die ZDF-Drehscheibe über die auf Geheiß der grünen Verkehrssenatorin mit Holzkästen zwangsverkehrsberuhigte Friedrichstraße. Eine junge Dame – als Anwohnerin vorgestellt – findet das Straßentransformationsprojekt sehr gut: sie entpuppt sich als Mitarbeiterin der Heinrich-Böll-Stiftung und Grünenpolitikerin.
Fast das gleiche passierte einem RBB-Team ebenfalls kurz vor der anderen Berlinwahl 2021; ein spontan vorbeiradelnder Bürger lobte damals im Filmbeitrag die grüne Fahrradpolitik. Der ÖRR-Blog reichte die Daten zur Person nach: Georg Kössler, damals grüner Direktkandidat in Neukölln. „Die Brandmauer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegen linken Aktivismus hat Risse“, befand gar Kissler, als ebenfalls im RBB „einige Badegäste“ auftraten, die die neuen Einlasskontrollen in Berlins Freibädern als schikanös und vorurteilsbeladen ablehnten. Unerwähnt blieb, dass die Befragten teils für die grüne Heinrich-Böll-, teils für die sozialdemokratische Friedrich-Ebert-Stiftung tätig sind. Der vom RBB auf der Regenbogen-Fahrraddemo in Potsdam befragte Passant war Marek Lipp, Mitglied im Landesvorstand die Linke Brandenburg und Landesschatzmeister der Linksjugend Solid Brandenburg. Schon 2017 konnte sich in einem MDR-Filmbeitrag knapp vor der Bundestagswahl eine als Normalbürgerin vorgestellte Leipzigerin über die hohen Mieten in der Stadt beklagen („in der DDR waren solche Preise nicht vorstellbar”). Von Hinz und Kunz unterschied sie sich dadurch, dass sie für die Linkspartei im Wahlkreis Leipzig I für den Bundestag kandidierte. Ihr zentrales Wahlkampfthema lautete: Wohnungsnot.
Ebenfalls in Leipzig 2019 erklärt in einem Geschäft der Leipziger Ökoladenkette Biomare für das ZDF der Geschäftsführer Malte Reupert, er werde die Hirse eines bestimmten Biobauern jetzt nicht mehr verkaufen – denn der Hersteller gehöre zur AfD. Die Zuschauer erhalten keinen Hinweis, dass der Biomare-Chef seinerseits das Amt des Vorstandssprechers der Grünen in Nordsachsen ausübt. „Die meisten Kunden stehen hinter der Entscheidung des Geschäftsführers“, lobt eine ZDF-Stimme aus dem Off. Zum Beweis kreuzt gerade im richtigen Moment eine Kundin namens Monika Lazar auf, die erklärt, es sei gut, dass die verdächtige Ware hier nicht angeboten werde, denn: „Ansonsten laufe ich in Gefahr, dass ich das kaufe. Und AfD-Hirse will ich nicht essen.“ Wie es der serientitelgebende Zufall wollte, saß Monika Lazar damals als Fraktionssprecherin für „Strategien gegen Rechtsextremismus“ für die Grünen im Bundestag.
In der BR-Sendung „Jetzt red i“, in der laut Sender Normalbürger zu Wort kommen dürfen, verteidigte am 1. Februar 2023 ein Nikolai Lipkowitsch eloquent das Münchner Dieselfahrverbot. Dass er auch grüner Kommunalpolitiker in München ist, verschwieg der BR. Aber auch „Experten“ als smarte Zitatgeber, der exakt die Botschaft bestätigt, die der Sender sowieso an die Zuschauer bringen möchte, gehören häufig „zum grünen Funktionärs- und Profiteurskosmos“, was „die Öffentlichkeit durchweg ebenfalls nur durch die lästigen Fehlersucher“ erfährt, befindet Wendt und nennt die „Allzweckwaffe Johannes Hillje“, von Monitor bis DLF als „Kommunikationsexperte“ unterwegs, gleichzeitig PR-Manager für die Grünen, in der Vergangenheit auch deren Europa-Wahlkampfmanager, außerdem Auftragnehmer der Heinrich-Böll-Stiftung. Zu nennen ist aber auch der Tagesschau- Experte Gerhard Schick, der sich für „Nachhaltige Finanzwirtschaft“ einsetzte – und bis 2018 Grünen-MdB war und als Parteirat sowie als stellvertretender Vorsitzender des Finanzausschusses wirkte.
Vorbereitete Streicheleinheiten
Hinzu treten technische Manipulationen. So kopierte der MDR zusätzliche Schmerzensschreie in eine Aufnahme, die einen von der Polizei abgeführten Klimakleber zeigt. Das ZDF färbt den Wasserdampf über einem Kernkraftwerk-Kühlturm dunkler, um ihn bedrohlich aussehen zu lassen. Die Tagesthemen schnitten nach den Silvesterausschreitungen in Berlin das Interview mit einem Feuerwehrmann genau an der Stelle ab, an der er davon spricht, dass es sich bei den Gewalttätern, denen er gegenüberstand, fast durchweg um Jugendliche mit Migrationshintergrund handelte. „Dazu kommen Klimageschichten über den halbausgetrockneten Gardasee und erfundene Gletscherschmelzen im Mangfallgebirge, angereichert mit Agitationsstücken aus einem Themenpool, den offenbar rastlose Propagandaleiter der ‚Letzten Generation‘, ‚Fridays for Future‘ und ähnlichen Organisationen befüllen“, erregt sich Wendt.
Im Fernsehen des Hessischen Rundfunks outete sich unlängst die Moderatorin Negah Amiri explizit als Klimaaktivistin. Außerdem umarmte, herzte und lobte sie im Auftrag von HR und WDR ein Mitglied der Endzeitsekte Extinction Rebellion und sang dann in ihrem fast halbstündigen Werbeformat für die Letzte Generation und verwandte Bewegungen unter dem Titel „Sexy Klima-Aktivismus“: „Klimaaktivismus bringt mich zum Orgasmus.“ Der HR reagierte auf die Kritik daran mit einem bemerkenswerten Hinweis: Die Amiri-Sendung sei kein „nachrichtlich-berichtendes Format“, folglich gehöre es „zum Konzept der Sendung, auch mit bewussten Übertreibungen von Emotionen zu arbeiten“. „Welch bestechende Logik: Wir machen es mit Absicht, also muss es richtig sein. Ist es nicht gerade das unreflektierte Schüren von Emotionen, das direkt oder in dialektischer Wechselwirkung die Leute in den rechten oder linken Populismus treibt?“, ärgert sich Voss.
Der vorletzte Fall war Mitte August der „Bürgerdialog“ des MDR in Erfurt, wo vorher ausgeloste Personen Kanzler Olaf Scholz (SPD) Fragen stellen konnten. So auch Lea Wengel zum Thema Klima: „Herr Scholz ist 2022 als Klimakanzler angetreten“, so die 31-Jährige. Sie frage sich, welche Maßnahmen die Bundesregierung konrekt umsetze und ob er glaube, dass dies ausreicht. Und es bewegt sie, dass eine „rechtsextreme Partei“ in Thüringen sehr viel Zustimmung erhalte. Sie frage sich, was die Bundesregierung gegen die AfD tun könnte. Denn das besorge sie sehr. Was der MDR nicht erklärte: die 31jährige arbeitet in der Geschäftsstelle der Grünen in Thüringen als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
„Bei der AfD wäre man vermutlich auch besorgt, wenn die Grünen 30 Prozent in Thüringen erreichen würden. Die Aussichten, dass die Bundesregierung dagegen etwas tun könnte, sind freilich deutlich geringer. Für den Zuhörer, der das alles nicht weiß, erscheint Wengel als zufällig ausgesuchte Stimme, die ein Stimmungsbild in der jungen Thüringer Generation nachzeichnet“, ärgert sich die TE-Redaktion und fragt sich, warum der Sender wenige Tage nach dem WDR-Debakel so unvorsichtig agiert. Später kam auch noch ein gewisser Felix Ehrlich zu Wort, der für die Linke zur Wahl des Gemeinderats im Weimarer Landkreis Grammetal kandidiert – „vorbereitete Streicheleinheiten“ erkannte die Weltwoche. Man könnte fast schon Provokation unterstellen. Als letzter Fall ist Ende August ein ZDF-Beitrag zum Solarpaket der Bundesregierung zu konstatieren: Mit Ramona Pop (Ex-Wirtschaftssenatorin Berlin) und Georg Kössler (Direktkandidat WK 3 Berlin-Neukölln) waren gleich zwei Grüne in einem Beitrag zu sehen – die eine als Vorständin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, der andere als Vertreter von Greenpeace.
„Wenn ein Apparatschik eines mit zehn zwangsabgeführten Milliarden pro Jahr gemästeten Medienimperiums ernsthaft verkündet, dessen Glaubwürdigkeit beruhe auf seinen widerwilligen und oft sehr nachträglichen Korrekturen in kleiner Schrift unter einem Beitrag im dummen Fall des Ertapptwerdens, um gleichzeitig durchblicken zu lassen, dass er winzige selbstfinanzierte Blogs und Einzelkämpfer, die seine Kreise stören, am liebsten plattmachen würde, dann, spätestens dann sollte der Medienkonsument ihm noch nicht einmal den Wetterbericht abkaufen“, fasst Wendt seine Empörung über Bornheims Penny-Rechtfertigung zusammen. „Was ARD und ZDF auszeichnet, ist nicht die einzelne Täuschung, sondern ihre Grundverlogenheit.“ Denn es „ist sehr unwahrscheinlich, dass immer dann grün-linke Mandats-, Amts- oder Sympathieträger vorbeischlendern, wenn das öffentlich-rechtliche Fernsehen seine O-Töne einholt. Von der anderen Seite des politischen Spektrums sind solche verdeckten Rollenkollisionen bis jetzt nicht bekannt“, befindet auch Kissler.
Und erst recht keine offenen, muss man mit Blick auf Redakteure wie Detlef Flintz (64) anmerken. Er ist Teil des Grünen-Vorstands im Stadtverband Grevenbroich – und gleichzeitig Wirtschaftsjournalist beim „Umweltsau“-Sender WDR und kommentiert in dieser Funktion regelmäßig in den Tagesthemen. Dass das so ist, wird von der ARD nicht transparent gemacht – obwohl möglicherweise Interessenkonflikte zwischen seiner Arbeit als Journalist und der als Politiker bestehen. Denn die Meinungen, die er zur besten Sendezeit vertritt, sind auffällig nah an der Grünen-Parteilinie: „Er ist da, der Preisschock. Gut so! Denn nur wenn Öl und Gas spürbar teurer werden, kriegen wir die Erderwärmung in den Griff“, kommentierte er etwa 2021 die gestiegenen Energiepreise.
Ich weiß es nicht
Wie vergiftet die Debatte ist – und die Mediengesellschaft gepalten –, lässt sich am Beißen von Brandenburg ablesen, dem die FAZ Raum für eine Widerrede gegen Voss bot. Doch deren Duktus glich dem Bornheims: „Jeder Halbsatz in der Tagesschau wird heute in Echtzeit seziert. Manches, was sich früher schlicht versendet hat, beschäftigt uns heute tagelang, weil es jemand im Netz gefunden hat“, beschwerte er sich. Er beklage das nicht, weil ein gesundes Misstrauen der Öffentlichkeit hilfreich sei, die Sender wacher und professioneller „und letztlich unseren Journalismus besser“ mache. Allerdings beklagte er, dass „sich aus einzelnen Fehlern ein Zerrbild zeichnen“ lasse. Spekulation und Häme seien aber nicht hilfreich, „denn sie zerstören Vertrauen, und sie zerstören guten Willen. Das ist in unserer Branche so und lässt sich auf die Gesellschaft übertragen.“ Auf gut deutsch: Fehler sind nur einseitig interpretierbar, sonst werden sie im Namen der Gesellschaft ignoriert und künftig wissentlich begangen? Und wer Fehler erkennt, aber verschweigt, nutzt der Gesellschaft? Das ist mit dem Substantiv „Witz“ weder erklär- noch entschuldbar.
Brandenburg gestand zwar als Fehler ein, dass die Aussage von Friedrich Merz „Die Grünen sind der Hauptgegner“ so geschnitten wurde, dass der Nachsatz fehlte „in dieser Bundesregierung“. Die Beteiligten, denen das eine halbe Stunde vor Sendebeginn unterlaufen ist, wären kreuzunglücklich gewesen. „Verstehe ich, dass das zu Misstrauen führt? Ja, vollkommen. Hat es mit Manipulation zu tun? Nein, definitiv nicht. Wir ringen um die Wahrheit, bei jedem Thema.“ War es denn ein technischer oder ein fachlicher Fehler? Und waren „die Kollegen“ womöglich erst unglücklich, als es rauskam? Prompt wird genau das ihm und anderen nicht mehr geglaubt, wie er am Beispiel ÖPNV selbst einräumt: „Meine Redaktion arbeitet in Köln im Schatten des Doms. Viele kommen mit dem Rad zur Arbeit. Der Bahnhof liegt ein paar Minuten entfernt. Schlägt sich das nieder, wenn wir über Verkehrspolitik diskutieren? Leider ja. Ist die Perspektive von Pendlern auf dem Land mit am Tisch, wenn wir über Spritpreise reden? Nicht immer, jedenfalls nicht von selbst. Wir müssen etwas dafür tun. In unserer eigenen Lebenswelt sind wir einander zu ähnlich, in unseren Werdegängen, in unserer Weitsicht. Manchmal in unserem Wunsch, besonders progressiv daherzukommen.“
Und diese lebensweltlich determinierte Progressivität ist es, die die Bürger inzwischen zur Weißglut treibt. „Die meisten Menschen haben zum Glück verstanden, dass wir in einem radikalen Umbau stecken“, verallgemeinert er politisch. Damit gehört er nicht nur zu den Erleuchteten, die sich berufen fühlen, diesen radikalen Umbau verstehen und für notwendig erachten, sondern auch, ihn vorantreiben. Was nicht heiße, dass es sich nicht lohnt, unsere Weltsicht zu hinterfragen, räumt er rechtzeitig ein. „Nehmen wir das Heizungsgesetz. Waren wir immer klar genug in der Kritik an dem handwerklichen und kommunikativen Desaster? Oder hat uns der Gedanke geleitet, dass die gute Klimaabsicht über der schlechten Umsetzung steht? Ich weiß es nicht, doch die Frage stelle ich mir.“ Die Bürger geben inzwischen die klare Antwort: Ja, genau diese Absicht wurde verteidigt und die schlechte Umsetzung klein- und schöngeschrieben. Entsprechend empfinden sie den Satz „Menschen halten es für möglich, dass wir in den Nachrichten eine Meinung untermischen, die unsere eigene ist“ einfach nur als fehlendes Störungs-, ja Fehlerbewusstsein; man könnte auch Lüge sagen.
Dann war es die Wahrheit
Er räumt also in einer seltenen Mischung als Larmoyanz und Arroganz ein, dass es keine ausreichende Qualitätskontrolle gibt, was er auf Zeitdruck und mangelnde Ressourcen zurückführt; die Redaktionen einseitig und linkslastig besetzt sind und sie es nicht schaffen, diese Voreingenommenheit aus ihren Beiträgen herauszuhalten. Und dennoch versteigen sich Experten wie der Medienpsychologe Jo Groebel dazu, Bornheim und Brandenburg beizuspringen: „…die Unterstellung, dass in den ‚Tagesthemen‘ und der ‚Tagesschau‘ systematisch getrickst und manipuliert wird, sehe ich als wirklich bedrohlich an.“ Auch der Mainzer Kommunikationswissenschaftler Thomas Koch wischte als Journalistenausbilder (!) den ehernen publizistischen Grundsatz „Genauigkeit vor Schnelligkeit“ bei Seite: „Es ist völlig richtig, so schnell wie möglich eine Erklärung zu liefern. Die Erklärung mag für den einen oder anderen Zuschauer auf den ersten Blick etwas konstruiert wirken. Aber wenn es die Wahrheit war, dann war es die Wahrheit“. Das ist auch kein Witz.
„Der Fall steht damit fast sinnbildlich für die tiefe Glaubwürdigkeitskrise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, bilanziert Daniel Gräber im Cicero. „Seine einseitige, wirklichkeitsverzerrende Berichterstattung über die Flüchtlingskrise ab 2015 und über die Corona-Pandemie haben viele Bürger am Sinn des aufgeblähten und in die Jahre gekommenen Systems zweifeln lassen. Nun erleben sie, wie sie tagtäglich auf allen Kanälen eingebläut bekommen, dass sie weniger Fleisch essen, fliegen und Autofahren sollen, um den drohenden Weltuntergang aufzuhalten.“ Das stößt auch Voss sauer auf: „Auffällig ist der unaufhörlich präsentierte Katalog politisch-moralischer Pflichten, die ‚wir‘ als Gesellschaft haben. Nur, wer ist eigentlich ‚wir‘– wir Deutschen, wir Europäer, wir als Menschheit insgesamt?“
Claudio Casula zog auf achgut Parallelen zur Aktuellen Kamera der DDR, in der NZZ wähnt Claudia Schwartz ARD und ZDF gar auf dem „Weg ins Wahrheitsministerium“: Seit die „vierte Gewalt“ aufgehört hat, sich als solche zu verstehen, und lieber den Schoßhund der Regierung gibt, wird der Informations- als Erziehungsauftrag missverstanden, betreutes Denken als objektiver Journalismus verkauft. Laut einer Umfrage der CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt lehnen 92 Prozent der Anhaltiner eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags ab. Zwei Drittel halten bereits den aktuellen Beitrag für zu hoch. Ex-Intendant Tom Buhrow, damals noch ARD-Chef, sagte Ende 2022: „Mein fester Eindruck ist: Deutschland scheint uns in zehn Jahren nicht mehr in dem Umfang zu wollen – und auch finanzieren zu wollen wie heute.“ Widerspruch erntete er nicht. Und nach solchen Vorfällen könnte es auch schon in fünf Jahren soweit sein.
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Über den Autor: Thomas Hartung, geb. 1962 in Erfurt; promovierte nach seinem Lehramtsstudium in Magdeburg 1992 zur deutschen Gegenwartsliteratur und war danach als Radio- und Fernseh-Journalist in
Sachsen-Anhalt und Sachsen sowie als freiberuflicher Dozent für Medienproduktion und Medienwissenschaft an vielen Hochschulen Deutschlands tätig; der bekennende „Erzliberalkonservative“ trat als Student in die LDPD ein und 1990 aus der FDP aus: von „misslungener Einheit“ nicht nur mit Blick auf die Parteienfusion spricht er bis heute; Hartung war im April 2013 Mitbegründer der AfD Sachsen und wurde zweimal zum Landesvize gewählt. Seit März 2020 ist er Pressesprecher der AfD-Fraktion Baden-Württemberg. Hier können Sie TUMULT abonnieren. Für Einzelbestellungen klicken Sie bitte hier.