Kein Heil sei außerhalb der Kirche – „nulla salus extra ecclesiam“ – verkündet im 3. Jahrhundert der Bischof Cyprian von Karthago und verheißt den Gläubigen zur Erhöhung ihres himmlischen Vergnügens durch alle Ewigkeit die Schau der Qualen der einstigen Verfolger und Peiniger. Noch hunderte Jahre später wird Kirchenlehrer Thomas von Aquin, „sanft wie ein Lamm“ (Friedrich Nietzsche), bezeugen: „Damit den Heiligen die Seligkeit besser gefalle (magis complaceat) und sie Gott noch mehr dafür danken, dürfen sie die Strafen der Gottlosen vollkommen (perfecte) schauen“. Ein beachtliches Aufblitzen des „christlichen Menschenbildes“ durch die Zeiten! „So ist die Menschenwürde der Ausgangs- und Zielpunkt des christlichen Menschenbildes“, wissen die Bischöfe im Jahre 2024 und wissen auch, die Menschenwürde „gründet in der Gottebenbildlichkeit aller Menschen und ist die Basis der Menschenrechte“.
Erlaubt sei allerdings schon hier die Frage, wie es überhaupt möglich sein könne, daß der Mensch das Ebenbild Gottes sei? Ist also auch der Mensch ausgestattet mit sämtlichen Allmachtsprädikaten: allmächtig, allwissend und so fort? Welchen Sinn aber hätte dann überhaupt die ganze biblische Geschichte noch? Wie paßt der Rausschmiss aus dem Paradies samt nachfolgendem Elend zur Gottebenbildlichkeit, zur Menschenwürde? Außerhalb der Kirche kein Heil eben und bis ins 19. Jahrhundert stimmten sogar die Protestanten in das Bekenntnis ein, dann erlahmte die lutherische Orthodoxie und die „liberale Theologie“ sorgte für „Aufweichungen“ der Lehre.
Vom dem Wahne, der die ganze Welt bestach
Wer wollte es auch leugnen? Mehr als eineinhalb Jahrtausende wurde die Welt – und vor allem Europa – durch das (Kirchen-)christentum geprägt, „dem Wahne, der die ganze Welt bestach“ (Friedrich Schiller). Legenden, Märchen, Fabeln, Mythen liefern die Stoffe, aus denen Religionen sind. Es verwundert darum wohl auch nicht allzu sehr, daß mancher, die Prägungen sind tief, im Katholizismus noch immer die letzte Bastion gegen Gleichmacherei und Kulturrelativismus sieht. Doch von den „letzten Dingen“ ist weder in der katholischen noch der evangelischen Kirche sehr viel zu vernehmen. Schon 1931 schrieb der Theologe Richard Karwehl und verdeutlicht das selbstzerstörerische Prozedere: „Erkennen wir doch die Situation … Die christliche Prophetie ist erloschen … Die Prophetie der Kirche ist so völlig erloschen, daß selbst protestantische Prediger die säkularisierte Eschatologie der völkischen Bewegung mit der legitimen Eschatologie kirchlicher Verkündigung verwechseln …“ Auch stellte er fest: „Die Kirche hat kein das Einzelne und das Ganze packende Wort zur Lage mehr. Sie hat ihren Rang verloren, sie hat die geistige Führung abgetreten an das politische Messiastum. Dort ist jetzt die Kraft, Leidenschaft und Gläubigkeit.“
Die Märchenstunden sind eintönig geworden, selbst der ästhetische Zauber hinterläßt nur noch wenig Eindruck. Der westliche Mensch fällt nicht mehr auf die ramponierten Knie, das Kreuzzeichen wird kaum noch geschlagen und der Weihrauch wegen allergischer Attacken gemieden. Musik bleibt als fast einziges ästhetisches Moment, da das einst prunkvolle Schauspiel am Altar zum mickrigen Trauerspiel verkam, doch die ist auch anderswo zu haben als im Gebetshaus. Der Kirche laufen die Gläubigen weg, Hunderttausende sind es jährlich allein in Deutschland. Gut also, daß weiterhin Geld aus den staatlichen Schatullen quillt. Um die 607 Millionen Euro wurden 2023 wohl nach ersten Schätzungen an die Kirchen ausgereicht, von Entschädigung ist da kirchlicherseits immer die Rede. Aus dem preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung ließ Minister Adolph Hoffmann am 16. November 1918 verlauten, die Trennung von Staat und Kirche sei „im Wege der Verordnung ohne Verzug“ durchzuführen und bekundete zudem, daß die „den Kirchen bisher gewährten Staatszuschüsse spätestens zum 1. April 1919“ aufgehoben werden sollten. Es folgte großes Gezeter durch die Kirchen, „Verfassungsbruch“ schrie man, schließlich würde der Staat sich selbst schaden, wenn er in „Zeiten innerer Not“ die Kirchen provoziere. Immer freilich sind es die Zeiten, „Zeiten innerer Not“ dereinst, aktuell schreiben deutsche katholische Bischöfe, „Deutschland durchlebt eine turbulente Zeit“. Die „Verordnung ohne Verzug“ versandete im politischen Mülleimer. Die Kirche zeigt sich fernerhin dankbar und regierungsnah, dankbar auch das Dritte Reich überdauernd, die sogenannten Staatsleistungen flossen schließlich weiter. Uhren lassen sich immer wieder auf Null stellen, das ist billig zu haben, „man“ redete, schrieb, predigte eben so, alles dem Zeitgeist geschuldet. „Wir verwerfen die falsche Lehre …“, das ist dann alsbald feinsinnig formuliert und bleibt ohne Konsequenz, denn „[k]ein Tag beginnt um null Uhr bei Null“ (Günter Kunert).
Was liegt also näher, als sich wiederum erinnerungslos in Erinnerung zu bringen. Die Glocken der Moral hängen schließlich noch, die Klöppel sind längst auf Wirksamkeit hin geprüft. So findet man sich dieser Tage zum Gemeinsamen Wort zusammen und tüftelt an einer Verlautbarung Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar. Der zahlenden Regierung ist beizuspringen, dem dämlichen Volk sind die weisen Beschlüsse der Regierung einzubläuen. Auf theologische Begründungen kann verzichtet werden, selbst der Bezug auf die Heilige Schrift unterbleibt; kein Bezug etwa auch auf ein päpstliches Mahnwort, warum das „Völkische“ und das „Nationale“ so gebrandmarkt sind, wird nicht erklärt. „In scharfer Abgrenzung zum Nationalsozialismus und zur Neuen Rechten“ steht man nun. Dabei wäre die theologische Begründung gegen jegliche Kritik und falsche Meinung doch leicht beizusteuern: „Wenn jemand zu euch kommt und nicht diese Lehre mitbringt, dann nehmt ihn nicht in euer Haus auf, sondern verweigert ihm den Gruß. Denn wer ihm den Gruß bietet, macht sich mitschuldig an seinen bösen Taten“ (2. Joh. 10,11).
Hat man nun eben nicht (mehr) „das Ganze packende Wort zur Lage“, so hat man wenigstens noch das Geld in der Kasse. Vielleicht ist es auch an der Zeit, den antiken Aberglauben abzustreifen, und sich besser einer neuen Religion hinzugeben. Die helle Lichtgestalt des Protestantismus, Reichsbischof Ludwig Müller, wollte bereits hinein „in eine Kirche mit einer neuen Theologie … ohne Furcht! … Dazu ist erforderlich, daß wir unser ganzes bisheriges Denken auflockern und in Frage stellen. Wir dürften dabei auch nicht haltmachen vor festen Begriffen und Denkbahnen. Wir müssen ganz neu denken und auch formulieren!“ Freilich: „Wenn man eine lächerliche Religion abschafft“, so war sich schon Preußenkönig Friedrich der Große sicher, „dann tritt etwas noch Unsinnigeres an ihre Stelle.“ Der Wokismus nun könnte das „noch Unsinnigere“ sein, samt seiner Trinität: Klima, Gesundheit, Gender. Erinnert nicht gar das Heraufkommen des Wokismus an den Einzug der christlichen Kirche in die Welt?
Hunde und verstümmelte Tiere – das christliche Menschenbild
Von „Toleranz“ gezeichnet sind schon die biblischen Texte, die letztlich das Fundament christlicher Lehre und Verkündigung bilden. „Hunde“ etwa nennt der Apostel Paulus – nach Nietzsche ein „Genie im Haß“ – die Vertreter der Urgemeinde, nennt sie auch „Lügenapostel“ und „Verstümmelte“. Andersgläubige Christen finden sich im 2. Petrusbrief als „vernunftlose Tiere“ wieder, „die ihrer Natur entsprechend nur dazu geschaffen sind, daß man sie fängt und abtut“, „umbringt“ heißt es direkter in anderen Lesarten. Jesus bezeichnet die Pharisäer als „Nattern“ und „Schlangenbrut“. Es sollte daran erinnert werden, was das 2. Vatikanische Konzil festhielt: „Das von Gott Geoffenbarte, das in der Heiligen Schrift enthalten ist und vorliegt, ist unter dem Anhauch des Heiligen Geistes aufgezeichnet worden; denn aufgrund apostolischen Glaubens gelten unserer heiligen Mutter, der Kirche, die Bücher des Alten wie des Neuen Testamentes in ihrer Ganzheit mit all ihren Teilen als heilig und kanonisch.“ Auch die Lutheraner halten in der Konkordienformel, einer Bekenntnisschrift, fest: „ … und bleibt allein die Heilige Schrift als der ein(z)ig Richter, Regel und Richtschnur, nach welcher als dem ein(z)igen Probierstein sollen müssen alle Lehren erkannt und geurteilt werden, ob sie gut oder bös, recht oder unrecht seien.“ Bald stolpert man durch Blutströme, wer aber wollte angesichts von Hunden und Lügenaposteln auch zaudern? Der Heilige Geist hat schlechte Laune und so wird im zweiten Thessalonikerbrief diktiert: „… denn alle müssen gerichtet werden, die nicht der Wahrheit geglaubt, sondern die Ungerechtigkeit geliebt haben.“ „Was nicht der Wahrheit oder Sittennorm entspricht“, wird konsequent noch 1954 Papst Pius XII. dozieren, „hat kein Recht auf Existenz“. Ach, das christliche Menschenbild …
Vergessen ist eine psychohygienische Leistung, häufig sogar überlebensnotwendig. Nicht nur der Politiker Olaf Scholz wird dem Vergessen seine Dankbarkeit lächelnd bekunden. Sollten Institutionen über ein kollektives Gedächtnis verfügen, so scheint das Vergessen auch für sie überlebenswichtig. Überhaupt scheint das Gedächtnis des Menschen recht kurz. Denn nur so läßt sich wohl verstehen, daß unter dem Datum vom 22. Februar 2024 die Deutsche Bischofskonferenz eine Pressemitteilung mit dem Titel Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar veröffentlicht. Wie inzwischen häufig, staunt der Fachmann und der Laie wundert sich. Setzte vor allem das deutsche Christentum in den Jahren von 1914 bis 1945 aus? War man nicht mehr Christ trotz Mitgliedschaft im Kirchenverein? Immerhin gehörten noch 1951 in Westdeutschland 96,4 Prozent der Bevölkerung einer christlichen Konfession an. Diese Zahlen verbieten es, an einen Betriebsunfall „Drittes Reich“ zu glauben. Wer also zog in zwei Kriege und wurde von Päpsten, Kardinälen, Erzbischöfen, Bischöfen, Landesbischöfen (nebst einem Reichsbischof: „Gott führe im Dritten Reich ein Stück seines heiligen Gottesreiches weiter über Deutschland gnädig herauf.“), Weihbischöfen, Pröpsten, Prälaten, Pfarrern und Feldgeistlichen getrieben und verhetzt? Doch was heißt hier schon Verhetzung?, „… daß wir nicht um des guten Lebens, sondern um eines guten Sterben willen auf der Welt sind“, wußte schließlich schon der Feldgeneralvikar Hitlers und spätere Generalvikar der Bundeswehr Georg Werthmann, schließlich hörte er „die Schwingen der Ewigkeit rauschen“ und war wiederum bereit „mitzuwirken an der Stärkung der unvergänglichen und herrlichen deutschen Soldatenseele“. Muß erwähnt werden, daß neben himmlischen Ruhm auch weltlicher nicht ausbleiben konnte. 1942, inmitten des Schlachtens, ernannte Pius XII. Werthmann zum Päpstlichen Ehrenprälaten, Johannes XXIII. versah ihn 1958 mit der Würde eines Apostolischen Protonotars und auch die Bonner Republik wollte nicht zurückstehen und prämierte ihn mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik.
Ohne Erinnerung
Demenzerkrankte bedürfen immer wieder der Erzählungen von Vergangenem, gelegentlich lassen sich Erinnerungen erzeugen, auch hinsichtlich des „völkischen Nationalismus“ und des Christentums. Heißt es doch aktuell völlig geschichtsvergessen und erinnerungslos, dabei sich bei bester geistiger „Klarheit“ wähnend, in der Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz: „Wir sagen mit aller Klarheit: Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar.“ Stand nicht aber schon in der August-Ausgabe des Jahres 1914 der jesuitischen Zeitschrift Stimmen aus Maria-Laach, die ein Jahr später dann Stimmen der Zeit heißen wird, zu lesen, „daß sich der nationale Gedanke nun als der stärkste erwiesen, daß seine Naturkraft in ihrer ganzen Pracht, ja, etwas Heiliges sich geoffenbart habe. Denn der nationale Sinn stammt aus Gott, und wenn Gott auch nicht in den Dienst des einen Nationalismus gegen den anderen treten könne, so könne und solle doch‚ jeder Nationalismus, auch wenn er Krieg führt, in den Dienst Gottes treten*“. Wäre überdies nicht zu fragen, was es denn mit Gottes „auserwähltem Volk“ auf sich habe? Gibt hier nicht Gott höchstselbst ein eklatantes Beispiel für „völkischen Nationalismus“? Will nun auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz den Versuch unternehmen, sich des Alten Testaments zu entledigen, weil es „unvereinbar“ mit dem Christentum ist?
Metzelte sich das „auserwählte Volk“ nicht bluttriefend durch die Geschichte, „Gottebenbildlichkeit“ hin oder her: „Aus den Städten dieser Völker jedoch, die der HERR, dein Gott, dir als Erbbesitz gibt, darfst du nichts, was Atem hat, am Leben lassen. Vielmehr sollst du die Hetiter und Amoniter, Kanaaniter und Perisiter, Hiwiter und Jebusiter der Vernichtung weihen, so wie es der HERR, dein Gott, dir zu Pflicht gemacht hat“ (Dtn. 20,17)? Wie sich das Christentum überhaupt in Liebe missionierend durch die Jahrtausende metzelte? Vielleicht sollte sich die Deutsche Bischofskonferenz zudem erinnern lassen an die 1933 begonnene Reihe „Reich und Kirche“ im Münsteraner Verlag Aschendorff, denn dort wußte man, diese „Schriftenreihe … wird getragen von der Überzeugung, daß zwischen der natürlichen völkischen Wiedergeburt unserer Tage und dem übernatürlichen Leben der Kirche kein grundsätzlicher Widerspruch besteht.“ Bescheinigte nicht etwa der ganze deutsche Episkopat schon im Juni 1933 Hitler und seinem Staat „einen Abglanz der göttlichen Herrschaft und eine Teilnahme an der ewigen Autorität Gottes …“?
Fatal jedenfalls ist überhaupt das kirchliche Geschwätz von Demokratie, gar die Rede, „daß Religion für die Demokratie unerläßlich sei“, wie vor Jahren schon der Wiener Kardinal Christoph Schönborn meinte. Auch hier zur Erinnerung: „Das lebenslängliche Bekenntnis zu den Kronrechten des Kaisers (diese erzstarke Herrschergestalt mit dem goldenen Herrschergewissen, dieser Reinwuchs deutscher Kraft, diese majestätische Verkörperung soldatischer Edelart) ist Nachfolge Jesu“, so tönte einige Jahrzehnte zuvor der Feldpropst der Bayerischen Armee im ersten Weltkrieg und spätere Kardinal Michael von Faulhaber. In einem Hirtenbrief vom 01. November 1917 wenden sich die Bischöfe ausdrücklich gegen die Volkssouveränität und gegen das „Schlagwort von der Gleichberechtigung aller Stände“, sie verwahrten sich gegen einen Frieden der nach ihrer Überzeugung nur als „Judaslohn für Treubruch und Verrat am Kaiser“ gelten konnte, denn Gott habe „unseren Herrschern von Gottes Gnaden den Herrscherstab in die Hand gelegt“.
Vorsicht bei Hirtenworten
Sie konnten nicht anders, als im Namen ihrer Herde zu bekennen: „Wir werden stets bereit sein, wie den Altar so auch den Thron zu schützen gegen innere und äußere Feinde, gegen die Mächte des Umsturzes.“ Unmöglich war es Faulhaber dann, der jungen Weimarer Demokratie Unterstützung zu gewähren. Die Bitte der Reichsregierung auf eine Empfehlung zum Verfassungstag, wurde mit dem Hinweis an den bayerischen Episkopat, „das Ansinnen, der bestehenden Verfassung die Treue zu halten“, abgelehnt. „Religiösen Gegenwartsfragen“ nahm sich auch Erzbischof Conrad Gröber, Förderndes Mitglied der SS zudem, an. In seinem Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen, herausgegeben „mit Empfehlung des Gesamtepiskopats“ 1940 und nach der sogenannten Reichskristallnacht in zweiter Auflage erschienen, hebt er hervor: „Unsere Zeit geht mit Recht darauf aus, die blutleere, entwurzelte, außerhalb der Bindungen stehende Geistigkeit des Liberalismus und Marxismus zu überwinden … Daher wird die katholische Erziehung nachdrücklich alle Bestrebungen unterstützen, die darauf abzielen, einen gesunden, starken, geschickten, leistungsfähigen Menschen heranzuziehen. Sie steht positiv zu einer gesunden Erb- und Rassenpflege … Noch mehr als früher wird sie das Leben in den natürlichen Ordnungen zum Gegenstand ihrer Bemühungen machen: …die Erziehung zum deutschen Menschen mit seinen Grundeigenschaften des Heldischen, des Kämpferischen, der Aufgeschlossenheit für Ehre und vor allem der opferfrohen Einsatzbereitschaft für die Gemeinschaft. Sie stellt sich damit freudig in den Dienst der nationalpolitischen Erziehung; sie sieht im Einsatz für Heimat, Volk und Staat eine zuletzt religiös begründete Verpflichtung.“
Kirchenfürst Gröber machte auch den Vorschlag, die „katholischen Organisationen sollen die Führerschulen für die Hitler-Jugend bilden“. In einem Hirtenbrief aller deutschen Bischöfe vom Juni 1933 wird eine weitere Duftmarke gesetzt: „Wenn wir unsere Zeit mit der Vergangenheit vergleichen, so finden wir vor allem, daß sich das deutsche Volk noch mehr als bisher auf sein eigenes Wesen besinnt, um dessen Werte und Kräfte zu betonen. Wir deutschen Bischöfe sind weit davon entfernt, dieses nationale Erwachen zu unterschätzen oder gar zu verhindern ... Wir deutschen Katholiken brauchen deswegen auch keine Neueinstellung dem Volk und Vaterland gegenüber, sondern setzen höchstens bewußter und betonter fort, was wir bisher schon als unsere natürliche und christliche Pflicht erkannten und erfüllten ... Es fällt deswegen uns Katholiken auch keineswegs schwer, die neue starke Betonung der Autorität im deutschen Staatswesen zu würdigen und uns mit jener Bereitschaft ihr zu unterwerfen, die sich nicht nur als eine natürliche Tugend, sondern wiederum als eine übernatürliche kennzeichnet, weil wir in jeder menschlichen Obrigkeit einen Abglanz der göttlichen Herrschaft und eine Teilnahme an der ewigen Autorität Gottes erblicken (Röm.13,1 ff.) ... Auch die Ziele, die die neue Staatsautorität für die Freiheit unseres Volkes erhebt, müssen wir Katholiken begrüßen ...“
Hirtenworte … und dabei immer dieses beachtliche Aufblitzen des „christlichen Menschenbildes“ durch die Zeiten! Es bleibt wohl nach einem Wort Carlo Strengers allein „zivilisierte Verachtung“ und noch immer gilt des Alten Fritz‘ Erkenntnis: „Der Aberglaube ist eine dem menschlichen Geist innewohnende Schwäche; es hat ihn immer gegeben, und es wird ihn immer geben. Die Gegenstände der Anbetung können wechseln wie französische Moden.“ Doch da war dann freilich die Sache mit der Notdurft noch (Dtn. 23,13f.): „Und du sollst draußen … einen Platz haben, wohin du zur Notdurft hinausgehst. Und du sollst eine Schaufel haben, und wenn du dich draußen setzen willst, sollst du damit graben; und wenn du gesessen hast, sollst du zuscharren, was von dir gegangen ist.“
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