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Ralf Rosmiarek: WAS IST NUR MIT DEN OMAS LOS?

Aktualisiert: vor 33 Minuten

Sie waren einst ruhiger Zufluchtsort und sicherer Hort für Generationen von elterngeplagten Kindern und Jugendlichen. Bei Oma war’s am schönsten, schwärmte mein Vater noch. Subversiv waren Omas freilich schon immer, die Enkel mußten schließlich gehegt und mancher Erziehungsfehler gegen die eigenen Kinder ausgemerzt werden. Ein nicht geringer Teil ostdeutscher Omas fand darüberhinaus Gefallen am politisch Subversiven, stehen sie doch durchaus im Verdacht, nicht unwesentlich am Zusammenbruch des Sozialismus beteiligt gewesen zu sein. Omas führten Klassenkampf auf eigene Art. Noch gut erinnere ich mich an das Schwärmen einer meiner Großmütter, wenn sie zurückkehrte vom Besuch der Schwester aus dem „goldenen Westen“: Grüne Idylle. Saftig und sattgrün die Wiesen, verrät der Blick aus dem Fenster des „Interzonenzuges“ sofort nach Grenzübertritt schon. Helldeutschland. Überhaupt diese üppige Farbigkeit (von Buntheit wird erst in unseren Tagen gesprochen). Und obendrein der besondere Duft, der allerorts in die Nase strömte. Das mit dem Duft konnte ich damals durchaus nachempfinden, denn so ein Westpaket oder der Intershop verströmte den beschriebenen Wohlgeruch. Die Glaubhaftigkeit des Erzählten erhielt profunde Nahrung. Die Flaniermeilen der westdeutschen Städte sättigten zudem wenigstens das Auge und bildeten mitunter auch einen schmerzlichen Kontrast zum rotzig/trotzig hingeworfen „Ham wa nich“ in den Geschäften und Warenhäusern des realexistierenden Sozialismus. Nein, hinterfragt wurde hier nichts.



Schon etwas länger hier. Omas in Berlin, Gegenwart.
Schon etwas länger hier. Omas in Berlin, Gegenwart.

Das Berichten der Oma zauberte einen Glanz und ein Strahlen in ihr Antlitz und wurde zum heimeligen Erlebnis für die Eingezäunten und Antifa-Schutzwallgesicherten. So schufen zigtausende Großmütter diametral zu sozialistischer Agitation und Propaganda Orte des Sehnens. Paradiesträume eben. Die Oma und so mancher Opa waren damit ein kostengünstiger und völlig unterschätzter Agent des Klassenfeindes, dessen Tätigkeit – frei nach Loriot – allerdings mehr ins Private zielte. Das westdeutsche Wirtschaftswunder ermöglichte schließlich kräftige Ernte. Bis in die Anfangsjahre des 21. Jahrhunderts herrschte sattsam bundesdeutsche Zufriedenheit. Politisches Irrlichtern der 68er wurde selbstzufrieden belächelt und bestenfalls unter dem Blickpunkt „Generationenkonflikt“ leichthin abgetan. RAF, Studententumulte und Notstandsgesetze sorgten allenfalls für kurzzeitige Turbulenzen und gelegentliches Unbehagen. Der Bürger erlebte wohlige Behaglichkeit und wollte zuallererst seine Ruhe – Schafe wollen sicher weiden!

 

Wohin soll denn die Reise gehn?

 

Die Freude der Omas am Subversiven hingegen scheint nach wie vor quicklebendig. Nur stellt sich die Frage wie in einem Kinderlied aus DDR-Tagen: „Wohin soll denn die Reise gehn? Wohin, sag, wohin, ja, wohin?“ In der Gegenwart scheinen Omas in West wie Ost jedenfalls damit beschäftigt, den Sozialismus zu reanimieren und dessen Auferstehung zu initiieren. Das Ziel formulierte Sahra Wagenknecht schon 2014 recht eindeutig: „Überwindung der Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland“ und „Installierung des Weltsozialismus“. Die Omas neuerer Generation sind begeistert, der missionarische Eifer ist in den Gesichtern ablesbar. Woher nur diese ideologische Anfälligkeit?


Begriffen haben diese Omas nicht, daß ihnen ans Zeug geflickt wird, weil auch Familie nicht mehr sein soll. Im Koalitionsvertrag der Ampel wird man deutlich: „Familien sind vielfältig. Sie sind überall dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen und brauchen Zeit und Anerkennung.“ Wer sich selbst als „Familie“ bezeichnet, bleibt damit völlig offen, heißt es doch nur wenige Zeilen später: „Da der Rechtsrahmen für die vielfältigen Familien der gesellschaftlichen Wirklichkeit noch hinterherhinkt, wollen wir ihn modernisieren.“ Somit wird auch die Oma abgeräumt. Arg ramponiert ist sie spätestens seit 2019, als das woke, linksgrüne Propagandaorgan WDR indoktrinierte Kinder plärren ließ: „Oma ist ne alte Umweltsau.“ Fühlen Omas sich neuerdings schuldig an illusionierten Klima- und Umweltkatastrophen? Nicht jedes Kinderbuch ist lesenswert. Müssen sich Generationen von Großmüttern noch posthum als „alte Umweltsau“ besudeln lassen, obwohl sie nie ein Flugzeug bestiegen, nie ein Auto besaßen, keine Verpackungsmüllorgien erzeugten, stattdessen strickten, häkelten, stopften, was auch nur des Stopfens noch würdig schien, Gemüse aus dem Garten auf den Tisch brachten, tatsächlich noch die Kunst saisonalen Kochens beherrschten? Wäre nicht eher zu fragen, wer mit dem SUV freitags zur „Fridays-For-Future“-Demo gekarrt wurde und zudem viermal im Jahr das Flugzeug besteigt, um in den Urlaub zu düsen? Die Ziele können nicht exotisch genug sein. Was also ist los in den Familien heute oder sind diese Omas gar keine echten Omas mehr à la „Mutti“ Merkel, die alles war, nur eben keine wirkliche Mutter? Stellt sich also nicht zu Unrecht der Verdacht ein, die „Omas gegen Rechts“ repräsentierten „[d]ie Sorte Frau, der schon vor langer Zeit der Mann weggelaufen ist, und die so tut, als wäre er im Krieg gestorben“?

 

Abgeräumt wurde die Oma samt Opa desweiteren während der herbeiphantasierten Corona-Pandemie. Apokalyptische Szenarien wurden beschworen, um die Entfremdung von Großeltern und Enkeln zu forcieren. Darauf folgten die rigorosen Begegnungsverbote. Das „Tor zur Hölle“ wurde aufgestoßen, als man die Großeltern von ihren Familien absentierte und sie einsam oder in Pflege- und Altersheimen mithin sogenannten „Seniorenresidenzen“ verrecken ließ. Dieses schauerlich-widerwärtige Geschehen wird einer Hauptverantwortlichen bald „Freiheit“ heißen. Doch hier etwa vermisse ich die Subversion der Omas, eine Subversion, die den genuinen Interessen des Lebens zu dienen hätte. Hätten sie nicht zu fragen gehabt: Was geht hier eigentlich vor? Wer maßt sich hier an, über unser Leben zu verfügen?

 

Preisgekrönte Mitläuferinnen

 

Stattdessen demonstrieren die Omas lieber für die Regierung, werden preisgekrönte Mitläuferinnen rotgrüner Politik. „Omas gegen Rechts“ werden sie sich benennen und Peinlichkeiten jeder nur erdenklichen Art ersinnen. Warum sollte die verfehlte Energie-, Migrations-, Gender-, Umweltpolitik auch ein Anlaß zur Kritik an der Regierung sein? Die Omas stören sich nicht an Beschränkungen der Meinungsfreiheit, der Zerstörung der Sprache oder Denkverboten. Warum aber sollten die offensichtlichen gesellschaftspolitischen Minenfelder alarmieren? Wäre Frauenstärke und gelebte Solidarität nicht angebracht angesichts mickriger Renten, Bildungs- und Pflegenotstand, einer sich endlos drehenden Beitragsspirale bei Gesundheit und Pflege, die eben nicht zuletzt sich der ungebremsten Migration in die Sozialkassen verdankt. Warum nur sollte man jedoch solche virulenten Fragen laut werden lassen und etwaige Forderungen an die Politik stellen? Das Augen-Zu ist bequemer, gesundheitsdienlicher zudem und sichert dennoch mediale Aufmerksamkeit. „Forderungen an die Politik wurden nicht formuliert“, schrieb sogleich lobend die taz, anläßlich des ersten „Bundeskongress“ vom August 2024 in Erfurt. Solch Eintracht erfreut die geschundene Politikerseele und läßt die Schatulle öffnen, ein Geben und Nehmen unter Freunden. So erhielt die Initiative „Omas gegen Rechts“ direkt Zuwendungen aus dem Steuertopf. Eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Bernd Schattner ergab: die „Omas gegen Rechts“ erhielten insgesamt 23.294,22 Euro Steuergeld. Seit 2022 förderte das Bundesfamilienministerium die Initiative mit 18.294,22 Euro im Rahmen des Förderprogramms „Demokratie leben!“. Das Bundeskanzleramt und der Integrationsbeauftragte förderten die Gruppe mit insgesamt 5.000 Euro. „Demokratie gemeinsam schützen – JETZT“, lautete dann auch das Motto des Bundeskongresses. Die Grüne Katrin Göring-Eckardt ist ebenfalls begeistert. Bei X ließ sie wissen: „Als Oma ist es Ehrensache, wie heute in Erfurt bei den Omas gegen Rechts dabei zu sein. Ich bin ganz beglückt von den vielen Begegnungen mit Frauen, die entschieden haben, laut zu sein, mutig und entschlossen.“ Es gibt „in Deutschland heut zu Tage … [ein] unglaubliches Genügen … am ekelhaften Gefasel einheimischer, sich spreizender Alltagsköpfe“ läßt sich mit Arthur Schopenhauer auch weiterhin festhalten.

 

Preisverdächtige Omas

 

Kein Augenmaß mehr. Nirgends. Dafür lieber Tagesschau und ZDFheute und natürlich Florian Silbereisen. Katrin Göring-Eckardt stellt warnend eine schauerliche Vision in den Raum: Es drohe der Verlust der deutschen Schlagermusik, wenn die AfD erstarkte. Ein Sedativum nach all der Aufregung aber benötigt die Oma, denn natürlich, fordert der todesmutige Kampf gegen Rechts seinen Tribut. Aber die Ruhephase darf nicht zu lang sein. Deshalb: „Stopp! Rechte bedrohen das Asylrecht“! wird erinnert. „Stopp! Rechte ignorieren den Klimawandel“! durchzieht sie heiliger Schauder. Eingedenk sind die Omas: ein starkes Wahlergebnis der AfD bedeutet doch im mindesten die Wiederauferstehung des Dritten Reiches inklusive eines neuerlich aufgelegten Madagaskar-Planes. „Unsere Demokratie wankt – und wir schauen nicht länger zu!“, wird schwadroniert und plakatiert. Dazu eignet sich auch der Tag der Deutschen Einheit. Vielleicht sollten die geschichtsvergessenen Damen – nicht zuletzt von ihren Enkeln – daran erinnert werden: Im SED-Staat stand „staatsfeindliche Hetze“ unter Strafe und Oppositionelle wurden als „Faschisten“ verunglimpft. Im Jahre 2024 winkt der Vereinigung namens „Omas gegen Rechts“ der „Aachener Friedenspreis“. Die offizielle Begründung formuliert redundant: „Die ‚Omas gegen Rechts‘ sind vor allem durch ihre Demonstrationen gegen Rechtsextremismus aufgefallen. Sie sind eine rasant wachsende Bewegung, die sich mit verschiedenen Aktionsformen für Gleichberechtigung sowie Toleranz und gegen Antisemitismus, Antifeminismus und Rassismus einsetzten.“ 

 

Der Hund, der Biß, der Schwanz

 

Wann nur beißt sich der Hund in den Schwanz und jault? Bei der längst erreichten und praktizierten Gleichberechtigung? Warum aber setzen sich die „Omas gegen Rechts“ dann für Sonderrechte von angeblichen Minderheiten ein? Sonderrechte und Gleichberechtigung … der Aufprall tut manchem jedenfalls noch weh. Bei der Toleranz gar? Tatsächlich feiern die „Omas gegen Rechts“ die Intoleranz. Es gibt nur eine Meinung – die eigene! Beim Antisemitismus etwa? Hier wird’s besonders krude. Denn wer wollte das Tabu-Thema des millionenfach importierten Antisemitismus auch aufgreifen? Sagt nicht selbst ein Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, noch im Oktober 2023 Deutschland sei „ein sicheres Land für Juden – trotz des wachsenden Hasses auf Juden und Israel“. „Ross und Reiter müssen klar benannt werden“, fordert zwar der Präsident, doch, er persönlich halte „neben dem islamistischen Antisemitismus ... den rechtsextremen Antisemitismus für die größte Bedrohung, da er am besten organisiert ist“. Und eines muß doch klar sein: „Jetzt bekommen wir auf einmal Menschen ‚geschenkt‘“, jauchzte Katrin Göring-Eckardt bereits im Jahre 2015 und setzte recht unverblümt hinzu: „Unser Land wird sich ändern und zwar drastisch. Und ich sag‘ euch eins: Ich freu‘ mich drauf!“ Die Realität unterstreicht den Bankrott der Migrationspolitik der letzten Jahre. Der importierte Antisemitismus? Bleibt den Omas was er war – ein Tabu.

 

Wann nur beißt sich der Hund in den Schwanz und jault? Vielleicht beim Antifeminismus? Feminismus machte Sinn, als es um die Gleichberechtigung der Frau ging. Der aktuelle Feminismus gehört wohl eher in den Bereich der Realsatire, denn die Frau wurde abgeschafft. Jeder Mann kann sich zur Frau erklären, steht ihm gerade der Sinn danach. „100 Jahre Feminismus kämpfte mühsam gegen die Dominanz des Mannes und für ein Dasein auf Augenhöhe. Und jetzt sind wir wieder auf null angekommen“, konstatiert die Publizistin Birgit Kelle. Ist es also tatsächlich preiswürdig gegen die Biologie zu demonstrieren? Kämpfen ließe sich hingegen in großen Teilen dieser Welt, wo der Frau die Gleichberechtigung verwehrt wird. Doch dieser Art kultureller Auseinandersetzung wollen sich die Omas nicht aussetzen, da lachte dann auch der Imam sehr laut und von ganzem Herzen. Welche Oma möchte überdies sich schon  innerhalb deutscher Parallelwelten gegen kulturelle Vielfalt stemmen? Der gratismutige  Kampf gegen Rechts bedeutet Herausforderung und Aufregung genug!

 

Trommelwirbel

 

Doch die Widersprüche hören nimmer auf. Bereits mit dem Namen „Omas gegen Rechts“, wird Verwirrung angerichtet. Er ist als eine Karikatur der Satzung der Initiative zu lesen, denn dort heißt es klipp und klar: „Der Verein ist politisch und konfessionell neutral“. Weisheit und Alter gehen nicht immer zusammen, so auch nicht beim Gegröle: „Kein CO2 mehr, wir wollen kein CO2 mehr.“ Ohne Kohlendioxid wäre Leben auf der Erde jedoch unmöglich, das geriet offenbar in völlige Vergessenheit, die Unterrichtsstunden zur Photosynthese liegen wohl einfach zu lange zurück oder wurden schon damals geschwänzt. Nicht auszuschließen ist freilich auch das rasche Fortschreiten der Demenz mit all seinen grausamen Begleiterscheinungen. Freilich, zu Bewegung an frischer Luft wird auch in diesem Falle geraten wie auch zum therapeutischen Trommeln. Diese Therapieform wird zumindest beim rbb bejubelt: „Das Trommeln nimmt die Angst, finde ich. Und ich habe das Gefühl, ich kann aktiv sein“, sagt da eine sich ertüchtigende Oma. Dafür doch einen Trommelwirbel extra. Erinnert das nicht unwillkürlich an Loriots „Jodeldiplom“?

 

Was nur, ist mit den Omas los? Dieser Frage sollten sich unbedingt auch die Enkel annehmen – sofern es bei diesen Omas realiter welche geben sollte. 30.000 Aktivistinnen in 200 regionalen Gruppen reiten wohl – genauere Zahlen fehlen – das modische Steckenpferd, eben jene Omas gegen Rechts zu sein. Sie kreischen und krächzen: „Omas gegen Rechts, wir lassen uns nicht spalten. Omas gegen Rechts, die Demokratie erhalten!“ Es bleiben gute Gründe für die Enkelfrage: „Wohin soll denn die Reise gehn? Wohin, sag, wohin, ja, wohin?“

 

 

 Titel-/Beitragsbild im Original: Stefan Müller (climate), CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

 

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