Helmut Roewer, ehemaliger Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, stieß bei der Recherche zu Zensur durch Internet-Konzerne auf eine aufschlussreiche Studie des in Washington ansässigen libertären Cato Insitute, die endgültig aufzuräumen scheint mit dem, was bereits bei Stauffenberg als "Gleichheitslüge" firmiert.
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In den letzten Tagen machten in den alternativen Nachrichten der USA haarsträubende Enthüllungen über die Herren der digitalen Gedankenwelt aus den Firmen Facebook, Twitter & Co. die Runde. Anlass waren die gegenüber der dort bekannten Kommentatorin Candace Owens verhängten Bann-Maßnahmen (banning). Doch die unheimliche Macht hatte diesmal schlechte Karten und eine noch schlechtere Presse. Eilig ruderte man zurück, denn die mit dem Bann belegte Owens hatte Merkmale, die sich schlecht mit einer Frontstellung zu freedom und diversity zu vertragen scheinen: sie ist weiblich, und sie ist schwarz. Ihr Makel: Sie ist sexy (wer’s mag), ist erfolgreich, und sie ist dezidiert konservativ. Sie vertritt die Ansicht, dass die Linken (liberals) mit ihrem Dauergerede von den unterdrückten Schwarzen diesen seit Jahrzehnten mehr geschadet als genutzt haben, denn diese Propaganda sei mitverantwortlich dafür, dass die Schwarzen die Opferrolle hingenommen hätten und weiter hinnähmen, anstatt sich aus eigener Kraft daraus zu befreien.
Dieser Tiefschlag in die Magengrube der Demokraten-Propaganda, die das Land seit der ersten Wiederwahl von Franklin D. Roosevelt (1936) beherrscht, war den Machern der sog. sozialen Medien notwendig ein Dorn im Auge, denn auch sie sind nach Eigenaussagen in ihrer Mehrzahl left-leaning, also Linke. Seit Jahren bekämpfen sie Ansichten, die den ihren zuwider laufen. Ihr Feldgeschrei ist der Kampf gegen hate speech. Ihre Waffen sind die Zensur, die Verbannung, die Reichweitenverkürzung (shadow banning) und die Installation mutwilliger technischer Störungen.
Beim Kampf gegen Owens kamen nun firmeninterne Gebrauchsanleitungen ans Licht, die ein interner wistle blower an die konservative Plattform Breitbart durchgeschoben hat. Sie besagen – so, wie ich mir deren Inhalt zusammenreime – , dass Mitarbeiter beauftragt wurden, das Leben von Leuten wie der zu bekämpfenden Owens auszuspähen, um sie fertigmachen zu können. Ob dies durch Nutzung des ohnehin in den Firmen reichlich (illegal) gespeicherten Datenmaterials oder auf sonstige geheimdienstliche Weise geschieht, habe ich noch nicht herausgefunden.
Bei meiner Recherche bin ich dank Epoch Times (US-Ausgabe vom 19. Mai 2019) auf eine Studie gestoßen, die sich dezidiert mit den Auffassungen der Amerikaner zur freien Rede und deren möglicher bzw. für notwendig gehaltener Einschränkung befasst:
Emily Ekins: The State of Free Speech and Tolerance in America. Washington D.C., Cato Institute, 2017.
https://object.cato.org/sites/cato.org/files/survey-reports/pdf/the-state-of-free-speech-and-tolerance.pdf
[Abruf: 19.5.2019, Kopie im Archiv d. Verf.].
In den folgenden Zeilen werde ich mich mit einigen Details befassen, die ich dieser Studie entnommen habe.
Wenig überraschend fand ich zunächst, dass es eine breite Mehrheit für die freie Rede und gegen die Zensur gibt. Das wäre, wenn es anders wäre, eher ungewöhnlich. Doch das Bild ändert sich sogleich, wenn die Fragen differenzierter werden, z.B., ob man Gewaltaufrufe hinnehmen sollte und ähnliches. Auch das finde ich nicht sensationell: Je komplizierter das Thema, desto differenzierter die Urteile. Da ist vieles, was der Leser bei Interesse selbst lesen mag. Ich möchte das Augenmerk indessen darauf lenken, dass die Autorin nicht nur eine ganze Skala von Themen zur Beurteilung an die Probanden ausgab, sondern dass sie die Antworten nach Probanden-Gruppen differenziert hat. Auf diese Weise erfährt man, dass nicht nur die Amerikaner dieses oder jenes so oder anders sehen, sondern dass ihre Meinungen signifikant unterschiedlich sind, ob es sich um Mann oder Frau, Weiße, Schwarze oder Latinos, Liberals oder Konservative handelt. Aus diesen differenzierten Ergebnissen habe ich einige extrahiert, damit klar wird, wovon ich rede.
Rechts und links: Zunächst zu den Unterschieden von Konservativen und liberals. Ich benutze hier den englischen Ausdruck, denn die wörtliche Übersetzung von liberals in Liberale führt in Deutschland in die Irre. Amerikanische liberals sind nahezu gleichbedeutend mit Linken. Anders als in Deutschland gibt es für rechte und linke politischen Grundhaltungen deutlich wahrnehmbare Großparteien, die Republikaner für die Konservativen, die Demokraten für die liberals. liberals sind, so die Studie, in ihrer Mehrheit der Auffassung, dass es zulässig sei, auf Nazis einzuprügeln, Konservative sind hier wesentlich zurückhaltender. Wähler der Hillary Clinton sind mit Mehrheit der Überzeugung, dass es unmöglich sei, mit einem Wähler von Donald Trump befreundet zu sein. Bei den Wählern von Donald Trump ist die so zu Ausdruck kommende Feindseligkeit viel weniger ausgeprägt.
Diese beiden Beispiele aus vielen mögen genügen, um zu einem seltsamen Ergebnis zu gelangen: liberals neigen zur Intoleranz, wenn jemand politisch anderer Meinung ist, Konservative sind weniger engherzig, sie sind sich mit Mehrheit nicht einmal darin einig, neue Moscheen zu verhindern. Das alles ist deswegen überraschend, weil Anspruch und Wirklichkeit beider Gruppen, der Konservativen und der liberals, auseinanderklaffen: Die Konservativen erweisen sich als eher liberal im klassischen Sinne, während die liberals deutliche Züge von Unduldsamkeit und Beharren zeigen.
Lügenpresse: Die Mehrheit der Amerikaner denkt, dass die Medien parteiisch berichten. Von dieser Ansicht weichen die Anhänger der Demokraten, die dies nämlich mit Masse verneinen, signifikant ab. Erstaunlich sind hier die dezidierten Anhänger der Republikaner, die eine parteiische Berichterstattung nicht pauschal konstatieren: Sie erkennen diese bei Mainstreammedien, wie New York Times, CNN etc., während sie Fox-News für unparteiisch halten. Man lächelt, wenn man’s liest.
Männer und Frauen: Die Mehrheit unter den Amerikanerinnen befürwortet es, wenn Beleidigungen von Schwarzen (African Americans) unterbunden werden, Männer sind in der Mehrheit nicht dieser Ansicht.
Schwarze und Latinos: Schwarze sind offenbar eher aufgebracht gegen Mikro-Aggressionen (z.B.: „Er ist ein typisches Kind seiner Rasse“) als dies Latinos sind. Allerdings sind sie sich in ihrer 2/3-Ablehnung ähnlich, dass rassistische Äußerungen nicht der freien Rede unterfallen dürften, sondern wie rassistische Handlungen geahndet werden sollten. Die Masse der Weißen teilt diese Ansicht nicht, auch hier zeigt sich eine unterschiedliche Haltung von Männern und Frauen.
Ein offenbar beliebter Abfragegegenstand in diesem Zusammenhang ist in den USA das Holocaust-Leugnen, das die breite Mehrheit der Amerikaner für einen Gegenstand der freien Rede hält (bereits die Frage danach wäre bei uns zulande von Strafe bedroht. Nur zur Klarstellung für alle, die gerne missverstehen: Ich halte Leute, welche die Judenvernichtung in den Jahren 1941-45 in Abrede stellen, für nicht bei Verstand. Ich habe allerdings keine Ahnung, wie die Masse der Deutschen hierüber urteilt).
Political correctness: Hier zeigt sich ein bunter Flickenteppich quer durch die Einzelthemen, wenn man sie den Geschlechtern, Rassen, politischen Vorlieben ausdifferenziert. Wenig überraschend, dass die Konservativen für die political correctness am wenigsten Sympathien bekunden, doch auch sie haben ihren speziellen wunden Punkt: Das Verunglimpfen der US-Flagge wollen sie bestraft wissen und das Verbrennen sogar mit dem Entzug der Staatsbürgerschaft. Da staunt man als Deutscher, der es gewohnt ist, dass ein Sturm im Wasserglas der Qualitätspresse entsteht, wenn einer wie der AfD-Mann Björn Höcke eine kleine Deutschlandflagge neben sich auf die Armlehne des Fernsehsessels legt.
In summa: Wenn man auf der Suche danach ist, dass eben nicht alles und alle gleich sind, findet man in Studien, wie der hier untersuchten, haufenweise Argumentationshilfen. Das bewusste Differenzieren nach Geschlechtern, Rassen und politischen Präferenzen finde ich mutig und hilfreich. Auch nur annähernd Ähnliches habe ich bislang in und für Deutschland noch nicht entdeckt. Liegt vielleicht an meiner mangelnden Belesenheit. Ich würde mich gerne korrigieren lassen.
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