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Hans Günter Holl: VOM VERBLÖDEN. GEDANKEN ZUR SCHULPFLICHT


Als Friedrich Wilhelm I., König von Preußen, 1717 die allgemeine Volksschulpflicht (für Jungen und Mädchen im Alter von fünf bis zwölf Jahren) einführte, begründete er dies wie folgt:


Wir vernehmen missfällig und wird verschiedentlich von denen Inspectoren und Predigern bey Uns geklaget, dass die Eltern, absonderlich auf dem Lande, in Schickung ihrer Kinder zur Schule sich sehr säumig erzeigen, und dadurch die arme Jugend in grosse Unwissenheit, so wohl was das lesen, schreiben und rechnen betrifft, als auch in denen zu ihrem Heyl und Seligkeit dienenden höchstnötigen Stücken auffwachsen laßen.


Wie vielfach betont, war der König ein „Mensch voller Widersprüche“. Davon zeugt nicht zuletzt die Doppelnatur eines Bildungsdekrets, das sowohl ein Hauch von Aufklärung als auch der stark „praxisorientierte und pragmatische“ Odem des Herrschers durchwehte. Etwas verkürzt könnte man sagen, dass darin die reformatorischen Traditionen Gutenbergs, Luthers und Calvins mit der administrativen Erfordernis verschmolzen, das tief agrarisch geprägte Land auf die zunehmend schriftlich verfügten Anordnungen und fiskalischen Maßnahmen einer urbanen Bürokratie vorzubereiten.


Durchaus folgerichtig schrieb die Weimarer Verfassung 1919 den regelmäßigen Schulbesuch als Recht und Pflicht aller Kinder fest, womit die oben erwähnte „Doppelnatur“ im modernen Gewand auftrat. Einerseits ging es um Emanzipation und Gleichberechtigung. Denn die Schulpflicht sollte allen Zöglingen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die gleichen Bildungschancen eröffnen. Andererseits jedoch habe sich der Staat, so der Erziehungswissenschaftler Heinz Elmar Tenorth, dadurch zum „Ober-Vormund der Kinder“ gemacht. Dennoch hielt Tenorth die Schulpflicht für eine „soziale Errungenschaft“, da sie „die Klassentrennung im Bildungswesen aufhob“, mit dem Vorsatz, „über die Schule ein gemeinsames Bewusstsein für den neuen Staat zu erzeugen“. Das war, insbesondere ab 1933, sehr gut gelungen, und deshalb fand die Regelung später auch Eingang ins Grundgesetz.



Aufzeigen. Bonn, 1988
Aufzeigen. Bonn, 1988

Seitdem ist das Bildungswesen ein Schlachtfeld wechselnder Prioritäten, die sich zu Lasten der eigentlich unverzichtbaren Grundkompetenzen austoben durften: Gekrönt von den Rahmenrichtlinien, mit Betonung des „sozialen Lernens“, die immer neue, absurde „Reformen“ gebaren, bis zur banalsten, weil bequemsten Form des Schreibens nach Gehör, der stetigen Ideologisierung aller Inhalte und schließlich dem Gendern als Vorboten des heute grassierenden Analphabetismus. So kam das Hauptanliegen der Pädagogik, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und in den Kernfächern „Lernen zu lernen“, vollends unter die Räder der Staatsraison.


Doch soll es hier nicht um Lernziele gehen – in einem Schulbetrieb, dem es nicht einmal gelingt, die Grundlagen der alles beherrschenden Techniken unserer Zeit in ihr Curriculum einzubauen -, sondern um die Frage, ob die Schulpflicht überhaupt noch vertretbar ist, seit einheimische Kinder in den so genannten „Brennpunktschulen“ zunehmend Gefahren für ihre leibliche und seelische Gesundheit ausgesetzt sind.

 

Das Hauptproblem des Fehlens geschützter Räume, die Schulen im Grunde sein müssten, scheint darin zu liegen, dass die einheimischen – als  „schon länger hier lebenden“ - Kin-der seit 2015 keine echte Lobby mehr haben. Nicht nur vom Staat, sogar von ihren Eltern wurden sie durch eine hysterische „Willkommenskultur“ verraten. Und diese Blindheit für die destruktive Energie des Islam schlug alle Interessenvertretungen gesellschaftlich relevanter Gruppen, die der Invasion feindlicher Mächte hätten Einhalt gebieten können. So hätten Gewerkschaften – auch die GEW – in der Erkenntnis, dass der massenhafte Zuzug von Barbaren ihrer Klientel massiv schaden würde, zu einem Generalstreik aufrufen müssen, um diesen Wahnsinn zu stoppen, bevor er irreversible Verhältnisse schuf.

 

Wenn man sich fragt, warum eine solche Solidaritätsbekundung mit den eigenen Schutzbefohlenen ostentativ ausblieb, so bietet sich neben den viel zitierten Schuldkomplexen Max Horkheimers Diagnose der Funktion von Gewerkschaften in der verwalteten Welt an: „Derselbe Prozeß, der in Wirklichkeit und Ideologie die Arbeit zum ökonomischen Subjekt erhoben hat, hat den Arbeiter, der schon Objekt der Industrie war, auch noch zum Objekt der Arbeiterorganisation gemacht.“ Letztlich führt das zu dem heute allerorten – auch in den Kirchen – offenkundigen Befund, dass Interessenvertretungen so heißen, weil sie ausschließlich ihre eigenen Interessen vertreten.

 

Angesichts des Verrats am Souverän, dessen sich Behörden, Parteien, Kirchen, Verlage und andere Institutionen bis auf wenige Ausnahmen schuldig machen, ist zu klären, auf welche Weise sich die Zivilgesellschaft neu organisieren müsste, um ihre Grundrechte zumindest rudimentär zu behaupten. Da das indigene Staatsvolk nicht mehr hoffen kann, militant besetzte öffentliche Räume ohne Gewaltanwendung zurückzuerobern, dürfte es längerfristig gezwungen sein, sich Nischen zu schaffen, Habitate sozusagen, in denen bürgerliches Leben noch möglich ist.

 

Dieses Rückzugsgefecht betrifft in erster Linie auch die Schulen. Wenn Eltern befürchten müssen, dass ihre Kinder beim Schulbesuch Anfeindungen und körperlichen Übergriffen ausgesetzt sind, so ist es ihre Pflicht in Ausübung der elterlichen Sorge, die Schulpflicht in solchen Kampfzonen zu verweigern, um andere Möglichkeiten der Ausbildung zu prüfen und gemeinsam in die Tat umzusetzen. Offenbar steht der Staat von irgendeiner Seite her unter Druck sowohl sein Gewaltmonopol als auch das Gleichheitsprinzip zugunsten der neuen Privilegien einer aggressiv auftretenden migrantischen Minorität aufzugeben. Daher bleibt den geopferten Einheimischen nur noch die äußere oder innere Emigration, wobei letztere zu irgendeiner Form von Selbstorganisation führen muss, wenn sie nicht in völliger Resignation enden soll.

 

Beim gegenwärtigen Zustand unseres Bildungswesens käme außerdem eine nüchterne Kosten-Nutzen-Analyse zu dem Schluss, dass den neuen Generationen das Wesentliche, das sie unbedingt im Unterricht lernen müssen, um sich dann eigenständig weiterbilden zu können, in selbstorganisierten Gruppen oftmals besser zu vermitteln wäre als an öffentlichen Schulen. Daneben bliebe ihnen auf diese Weise auch genügend Zeit für Krav-Maga-Kurse.



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Über den Autor: Hans Günter Holl, geb. 1949, ehemals Übersetzer (Whitehead, Bateson), heute Essayist und Rechtsanwalt.


Titel- und Beitragsfoto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F079064-0006 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE via Wikimedia Commons



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