Magazinmacher sollten sich entscheiden, ob sie vorzugsweise aufklärerisch oder politisch tätig sein wollen; sonst sind ihre Produkte zwielichtig. Wir beide sehen uns in der Erkundungsbranche und lassen uns gern überraschen, nennen unsere Vierteljahresschrift deswegen auch „Fachorgan für das Unerwartete“. Das unterscheidet uns von denen, die – wie die Häupter von Parteien, Szenen und Veranstaltungsbetrieben – auf die Erwartungen ihres Publikums Rücksicht nehmen müssen. Sie bewerten das Geschehen danach, ob es günstig oder ungünstig fürs Geschäft ist. Unerwartete Großereignisse kommen ihnen meist ungelegen. Nur jetzt keinen Fehler machen!
Als die Mordbrenner, Kindermörder und Frauenschänder der Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel einfielen, reagierten die Wortführer des neurechten Mainstreams und der AfD hinhaltend – warteten erst einmal die weitere Entwicklung ab. Alles, was sie seitdem erklären, ist Ausdruck politischer Verlegenheit mit opportunistischem Beigeschmack. In dieser defensiven Haltung erkennen wir ein grundlegendes Defizit. Ausgerechnet vielen Vertretern des „nationalen Lagers“ scheint der Boden unter den Füßen fragwürdig oder beliebig geworden zu sein.
Wie den Universalisten bietet sich den Überraschten als Ausweg die Beschwörung höchster Werte an. „Die richtige Wahl wäre nicht Israel, nicht Palästina, sondern die des Rechts, des Friedens, der Wahrhaftigkeit“, deklarierte Wolfgang van de Rydt auf der Online-Plattform Opposition24. „Trauer um alle Kriegstoten“ bekundete Tino Chrupalla und forderte „Deeskalation“.
Man warnt vor einseitiger Parteinahme und Stimmungsmache und vor der Ausweglosigkeit des Konflikts zwischen Islamisten und Zionisten. Man bittet, dem Bekenntnisdruck nicht nachzugeben und ins „Kriegsgeheul“ nicht einzustimmen. Der Krieg im Nahen Osten sei „nicht unser Krieg“. Dieses Neutralitäts- und Distanzgebot leuchtet zunächst ein. Bei dem Versprechen der deutschen Bundesregierung, das Existenzrecht Israels zu wahren, handelt es sich unverkennbar um einen Fall von Gratismut. Zu dieser „Staatsräson“ bekennt man sich unter der stillschweigenden Voraussetzung, niemals ernsthaft militärisch für sie einstehen zu müssen. Dennoch hat auch das Distanzgebot legitimatorischen Charakter. Es ist sofort parat und hilft unverdächtig aus der Verlegenheit. Nur: Am Krieg selbst nicht beteiligt zu sein, befreit ja nicht von der Notwendigkeit, im Kampf der Kulturen, der auch in Europa ausgetragen wird, Stellung zu beziehen.
Unter lästigem Bekenntniszwang greifen selbsternannte Patrioten gewöhnlich zu der Formel, die vorbehaltlose Unterstützung einer Kriegspartei sei „nicht im deutschen Interesse“. Das Argument ist jedoch ebenfalls Ausflucht, denn Deutschland ist derzeit in Kriegsfällen gar nicht imstande, seinen eigenen Interessen selbständig Geltung zu verschaffen. Militärisch ist es gleichsam nicht satisfaktionsfähig (bekommt jedoch Kriegsfolgen zu spüren). Als Ausflucht hat das Pseudoargument einen Subtext. Dieser tritt zutage, wenn die Vorsitzenden der Friedenspartei AfD auf die neue „multipolare Weltordnung“ verweisen und Russland, China und Iran bzw. die BRICS-Staaten als Kontrahenten der USA anführen, aber das Potenzial eines Großraums Europa unerwähnt lassen. Die Berufung auf die – vernachlässigten – deutschen Interessen wirbt somit unausgesprochen für eine Allianz mit Russland, mittelbar auch mit China, gegen die entthronte globale Hegemonialmacht USA. Das ist gefährlich: Unter einem neuen Oberherrn, sei es nun Russland oder China, würde sich am Vasallenstatus Deutschlands nichts ändern. Ohne ein europäisches Trutz- und Schutzbündnis ist die Identität Deutschlands nicht zu retten, besser gesagt, zu erneuern.
Dann eben mit Russland
Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs deuten in den alternativen Blogs und Videokanälen erklärte Realisten das Geschehen ausschließlich als Fortsetzung des geopolitischen Konflikts zwischen den USA und Russland. Sie sehen die Zuspitzung eines Kampfes um Vorherrschaft im westlichen Teil Eurasiens und in allen anderen Mitspielern, insbesondere den Ukrainern selbst, nur Vasallen oder eben „Stellvertreter“. Nach dieser binären Ausschlusslogik können sich Deutschland und die anderen europäischen Staaten nur auf eine Weise aus der Abhängigkeit von den USA lösen: indem sie sich auf die Seite Russlands schlagen, des Kriegsherrn, der dem Hegemon des Westens die Stirn bietet. Im Dauerstress der Krisen und Kulturkämpfe identifizieren sich viele Neorechte und Neolinke mit dem Angreifer Russland – als stünde das in ihrem individuellen Belieben und als könnten sie sich wahlweise auch in den eigentümlichen, weitgehend vorbürgerlichen („halbasiatischen“) Autoritarismus der russischen Lebenswelt integrieren. Hochachtung schwingt mit, wenn etwa Jürgen Elsässer hervorhebt, Putin verteidige die traditionelle Familie gegen den Gender-Unsinn: „Putin macht alles, was im Westen mittlerweile verteufelt und unterdrückt wird.“ (Krautzone, April/Mai 2022, S. 30 f.) Und der Geschichtsphilosoph Hauke Ritz präsentierte schon am 17.09.2014 im Onlinemagazin Telepolis eine von Putin angestrebte „Eurasische Union“ – mit Russland, Belarus, Kasachstan und Kirgisien – als alternatives Europa mit eigenen „kulturellen und politischen Standards“. Hier artikuliert sich eine bodenlose, geschichtsvergessene, geradezu postmoderne Rechte, der völlig aus dem Blick gerät, wo sie selbst herkommt und ihren Verständnisrahmen hat.
Kurze Abschweifung: Manche Strategen in der neuen deutschen Rechten empfehlen in Anbetracht der demografischen Entwicklung einen Schulterschluss mit jungen muslimisch-arabischen Kräften, die sich den Sinn für Ehre, Familie und Männlichkeit und ihre Gottesfurcht bewahrt haben (vgl. zuletzt Hermann Rössler: „Unsichtbare Konservative“, in: Junge Freiheit vom 22.09.2023, S. 18). Als flexible Konservative mit Machtinstinkt streifen sie ihre Bindungen an Tradition und Herkunft ab und halten unter sämtlichen Zugewanderten, ja sogar weltweit Ausschau nach möglichen Bündnispartnern. Die Suche verspricht reichen Ertrag, nicht nur bei Mohammedanern, sondern etwa auch bei strenggläubigen Hindus und Anhängern von Naturreligionen … Aber sie führt – mit dem Absingen von Litaneien der bunten Gesellschaft – zum Appeasement gegenüber fremdbestimmten Eiferern.
Zurück zum aktuellen Geschehen. Postmoderne Rechte legen auf multipolar, gegenstrom.org, Manova, Sezession im Netz und anderswo vergleichende Expertisen über die ökonomischen und militärischen Potenziale Russlands und der Ukraine vor – als schwebten sie in einer neutralen Analyseplattform über der Erde und als finde der Krieg nicht beim übernächsten Nachbarn, sondern in Vorderasien oder im Maghreb statt.
Der sachlichen Darstellung folgt allerdings meist eine Aufforderung an die Ukraine und ihre Unterstützer, das Blutvergießen sofort zu beenden, sprich: dem Stärkeren die rechtschaffen erkämpfte Beute endlich zu überlassen. Russland sei „nicht zu besiegen“ und habe den längeren Atem. Jeder, der noch einen Funken „Menschlichkeit“ in sich spüre, müsse auf ernsthafte Verhandlungen dringen. Nun, von einer Delegation der AfD oder anderer Friedensfreunde, die sich in Moskau vehement für einen Waffenstillstand ins Zeug gelegt hat, haben wir bisher nichts vernommen.
Ob die postmoderne Rechte nun humanitär oder realistisch auftritt, in ihrer Amerikafeindlichkeit fällt ihr nichts anderes ein, als auf das Putinsche Russland zu setzen. Der Ukraine selbst wird nicht die Bedeutung eines eigenständigen politischen Faktors zuerkannt. Die Volkssouveränität spielt keine Rolle, die Ukraine wird als „Bauer im hegemonialen Schachspiel“ abgetan, künstlich beatmet von knapp gehaltener US-amerikanischer Pressluft – letztlich vom Profitinteresse der Rüstungskonzerne und jener, die ukrainisches Lithium für die grüne Energiewende benötigen. Die gängige Rede vom „Stellvertreterkrieg“ besagt ja, dass die Ukrainer nicht einmal für sich selbst kämpfen. Die USA, heißt es, opferten bedenkenlos Hunderttausende, um Russland zu schwächen; Russland wiederum wolle und könne es nicht zulassen, dass die westliche Einflusszone um das Gebiet der Ukraine erweitert werde. Und auch Deutschland sei nur ein Spielball der US-amerikanischen Geopolitik.
Aber begehrt nicht die deutsche Rechte gegen die Vasallenrolle auf, wenn sie auf das „deutsche Interesse“ pocht? Wenn Alexander Gauland feststellt, dieser Krieg sei „nicht unser Krieg“, die Deutschen hätten „kein originäres Interesse an Sieg oder Niederlage einer Partei“ (weswegen Waffenlieferungen sofort einzustellen seien) – belegt dies nicht Bodenhaftung, Erdung, Eigensinn und die Entschlossenheit zur eigenen Geopolitik? Nein, im Gegenteil. Diese Verkündiger des „deutschen Interesses“ ignorieren nicht nur, wie nahe die Ukraine liegt. Sie ignorieren auch, wo Deutschland im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts liegt.
Indem sie allen Ernstes neue exklusive Arrangements zwischen Deutschland und Russland fordern – Nord Stream lässt grüßen –, platzieren sie Deutschland in einem politischen Wolkenkuckucksheim. Realitätsgerecht war eine nationale deutsche Politik in Großmachtkonflikten, Kriegen und Kriegsgefahren noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, zu Zeiten, als europäische Mächte zugleich Weltmächte waren und als solche miteinander rivalisierten. Auf Kriege, Kriegsgefahr und andere Zerreißproben in Europa aus der Perspektive eines spezifisch oder hauptsächlich deutschen Interesses zu reagieren, war danach nur noch in der Wiedervereinigungsfrage, seit 1990 gar nicht mehr möglich. Im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine und andere Entwicklungen mit globaler Brisanz tun die europäischen Staaten gut daran, Haltung und Vorgehen aufeinander abzustimmen. Alles andere schwächt die Position jedes einzelnen europäischen Landes (wie mehrmals geschehen). In einer Welt mit außereuropäischen Weltmächten lässt sich ohne schwere Selbstschädigung nicht mehr das Konflikttheater des alten Europas aufführen.
Mit anderen Worten, die Widerstand leistenden Ukrainer sind nicht irgendeine ferne
Kriegspartei. Sie sind unsere Leute, unter geopolitischen Aspekten und nach allem Augenschein. Und die Griechen, Rumänen, Kroaten, Polen, Litauer, Finnen, Schweden, Iren, Schotten, Niederländer, Franzosen, Italiener, Katalanen und Portugiesen rücken uns in der globalen Neuordnung so nahe wie im 19. Jahrhundert den Schwaben und Sachsen die anderen deutschen Stämme.
Übrigens unterscheidet sich das Verhältnis der meisten Länder Europas zu den Vereinigten Staaten grundlegend von ihrem Verhältnis zu Russland. „Es wird nun Zeit, die USA & NATO aus unseren Ländern zu jagen und endlich mit unserem wichtigsten Land unseres Kontinents Russland Frieden & Freundschaft zu machen!!“ („Sting“ auf Opposition24 am 26.11.2023) Solche kraftmeierischen Sprüche von postmodernen Rechten täuschen darüber hinweg, dass wir Deutschen wie die Angehörigen der meisten anderen europäischen Völker in einer amerikanisierten Populärkultur aufgewachsen sind und die unvermeidlichen Konflikte mit den USA somit familiären, tendenziell Bürgerkriegscharakter haben werden.
Natürlich brechen ständig Interessengegensätze zwischen den europäischen Staaten auf, innerhalb und außerhalb der EU. Gegenüber globalen Mächten und in Überlebensfragen wie der Massenzuwanderung können sich die Europäer jedoch nur vereint behaupten – weniger freiwillig als gezwungenermaßen.
Europa, auf sich gestellt
Seit gut dreißig Jahren werden von Politologen, Philosophen und Historikern immer wieder Modelle für eine politische Konföderation europäischer Nationen oder eine europäische „Sicherheitsarchitektur“ erarbeitet. Sie sollen über abstrakte Konzepte eines „Europas der Vaterländer“ oder einer „europäischen Friedensordnung“ hinausgehen und Äquidistanz gegenüber Russland und China im Osten und gegenüber den USA im Westen erlauben. Meist handelt es sich um Wunschszenarien, von der Absicht getragen, einen praktikablen Kompromiss zwischen nationalen Sonderinteressen und administrativem Zentrismus à la Brüssel zu finden.
Aber solche Konzepte werden nicht Realität durch Überzeugungsarbeit und nicht durch Handel und Wandel, auch nicht durch die Dringlichkeit eines Ersatzes für die zunehmend desinteressierte Schutzmacht USA, die sich immer weiter vom Atlantik ab- und dem Pazifik zuwendet, wo sie China als Hegemonialmacht ablösen will. Nicht wenige europäischen Staaten hadern mit Deutschlands kosmoethischem Gehabe und buhlen ihrerseits um einen Günstlingsstatus in Washington. Zu einer glaubwürdig wehrhaften Allianz finden die europäischen Eigenbrötler erst in einer abgründigen Notlage zusammen – angesichts potenzierter Massenmigration oder im Wohlstandsabsturz oder in Erwartung weiterer russischer Invasionen, vor allem aber in der Erfahrung, alleingelassen zu werden. Dass eine solche Situation eintritt, ist kaum noch abzuwenden. Am Abgrund, vorher nicht, werden sich die europäischen Solisten dazu überwinden, ihre Kräfte zu bündeln, um in der multipolaren Weltordnung selbst Machtpol zu sein. Einen eigenen deutschen Weg kann es dabei nicht mehr geben. Wenn man die „geopolitische Dynamik“ zu Beginn dieses Jahrhunderts betrachtet, ist das offensichtlich. Den USA wächst mit China ein ernsthafter Rivale heran, der Islamismus arabischer Führer macht aus seinem Expansionsdrang kein Hehl. Russland kämpft um seine letzte Chance, dabei nicht als reiner Rohstofflieferant von der Weltbühne abtreten zu müssen.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Wenn wir von der Bedeutung Europas, von einer europäischen Rolle in der Neujustierung der globalen Machtverhältnisse sprechen, sprechen wir nicht von der EU. Die unbekannten bürokratischen Vormünder hinter verschlossenen Türen und mit höchst fragwürdiger Legitimation verkörpern – frei nach Hans Magnus Enzensberger – ein Monster, das die Entmündigung Europas und seiner Bürger vorantreibt. Der Philosoph Hugo Fischer sprach vor knapp hundert Jahren in einer programmatischen Schrift, die großen Einfluss auf den Kreis um die Gebrüder Jünger und Ernst Niekisch hatte, von einem „realistischen Europäertum“ (Der Realismus und das Europäertum, Neuausgabe: Berlin 2019). Da lohnt es sich weiterzudenken. Dieser europäische Realismus hat nichts mit der politischen Schwärmerei und dem Utopismus jenes paneuropäischen, zugleich weltbetreuenden Denkens zu tun, das seit der griechischen Antike ein Teil der europäischen Selbstbetrachtung ist und in der Brüsseler „werte“-orientierten EU-Bürokratie seine Perversion gefunden hat. Dagegen stand und steht der Nationalist, für den das Aufstreben anderer Nationen ein Affront ist. Er übersieht, dass Europas Nationalstaaten ihre dominierende Rolle mit dem Ersten Weltkrieg verloren haben.
Dagegen steht aber auch der Realist, der sich vom Nationalisten und vom Einheits-Weltbürger dadurch unterscheidet, dass er sich – wie Fischer es nannte – „in der Mitte des Europäischen“ bewegt: die innereuropäischen Rivalitäten aushält, ja in gewisser Weise bewahrt, aber den Zwang zu gemeinsamer Selbstbehauptung als Gründungsereignis begrüßt. Was heißt das in einer Zeit der Massenmigrationsbewegungen, der Rückkehr zwischenstaatlicher Kriege und des neuen wirtschaftlichen Protektionismus? Die politischen Absteiger und Zwerge in Europa erwachen in einer Welt, die den Prinzipien der abendländischen Vernunftreligion nicht einmal mehr Lippenbekenntnisse schuldet. Was die USA (etwa mit dem Inflation Reduction Act), China und die anderen neuen weltpolitischen Größen in ihre „grünen“ Zukunftstechnologien, in Rohstoffsicherung, in Erhalt und Innovation ihrer Industrien und interkontinentale Handelswege investieren und wie sie damit eine neomerkantile Großraumordnung aufbauen, gerät offensichtlich zum Nachteil ihrer europäischen Partner: Es saugt Kapital und Forschungs- und Produktionsstandorte nach Übersee und/oder Ost- und Südasien ab, führt von einer Währungsvorherrschaft und einer Energieabhängigkeit in die andere. Aus dem Abwärtssog hilft nur heraus, Europa erstmals politisch und erstmals handelskriegerisch zu gründen. Die europäischen Länder, koordiniert von Deutschland, Frankreich, Polen und Italien, müssen bei der Sicherung von Lieferketten für ihre Schlüsselindustrien einfallsreich zusammenwirken (konkret: die Abhängigkeit von China und den USA weitmöglichst reduzieren), ihren Energiebedarf tatsächlich gemeinsam decken und eine harte europäische Währung gegen den Dollar subventionieren. Im neuen antiimperialistischen Kampf haben sie keine andere Wahl, als das Volumen ihrer Rüstungsaufträge drastisch zu erweitern und diese fortan europäischen Firmen zu erteilen (somit die Bevorzugung US-amerikanischer Lieferanten zu beenden) und die eigenen Interessen robust zu verteidigen.
Sonst rutscht Europa im Ringen der Giganten China und USA auf einer Bahn sich potenzierender Benachteiligungen in die Rolle des Lückenbüßers ab und verschleißt dabei weiter seine Wettbewerbsfähigkeit. Unser Trabantenstatus gegenüber den USA ist nicht weniger bedrohlich als die chinesische Erpressung (hinsichtlich Rohstoffen und Fertigprodukten). Aus manchen „Denkfabriken“ kommt die Anregung, Europa könne doch die Strategien der Weltmächte und der sino-amerikanischen Konzerne von Fall zu Fall zu seinen Gunsten gegeneinander ausspielen. Aber auch dieses fatale, von eigener Schwäche geprägte Konzept hat – ansatzweise – nur dann Erfolgsaussichten, wenn Kontinentaleuropa begreift, dass die oben angesprochene abgründige Notlage bereits eingetreten ist, wenn es anstatt abstrakter Menschheitsideale wieder die Interessen seiner eigenen Völker vertritt, in den Wirtschaftskriegsmodus geht und seinen Kooperationswillen bis auf Weiteres an die Kandare nimmt.
Frank Böckelmann ist Herausgeber und Carsten Germis Chefredakteur der TUMULT. Vierteljahresschrift für Konsensstörung.
Beitragsfoto:Voznesensk nach russischem Beschuss im Sommer 2022. Dsns.gov.ua, CC BY 4.0 via Wikimedia Commons
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