Es begann mit der aktuellen Druckausgabe: Darin formulierte Johannes Scharf Thesen, wonach das weibliche Geschlecht in der Tendenz dem Konformismus eher zuneige als die Herren der Schöpfung. Darauf reagierte Paul Gottfried mit einem Beitrag, der Frauen politisch und gesellschaftlich nicht selten in Vorreiter-Rollen sah statt als Kaninchen vor der sprichwörtlichen Schlange. Nun meldet sich als dritte, nicht aber als letzte Kommentatorin auch Dörthe Lütjohann mit dem Tenor zu Wort, Frauen würden zwar selten Bewegungen in Gang setzen, hätten es jedoch im Aufspringen auf fahrende Züge dank ihrer Instinktsicherheit zur Meisterschaft gebracht.
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Man könnte sowohl Johannes Scharf mit seiner These des weiblichen Opportunismus als auch Paul Gottfried mit seiner Erwiderung hinsichtlich der erheblichen Radikalisierungpotentiale bei Frauen recht geben. Diese beiden Thesen widersprechen sich nicht wirklich, wenn man sie in einen größeren Zusammenhang setzt.
Im Folgenden werde ich mich reaktionärerweise über Frauen äußern als über all Diejenigen, die im Besitz eines Uterus und der dazugehörigen Keimdrüsen sind, wohlwissend, dass es immer auch Ausnahmen von der Regel gibt.
So wie Frauen bezüglich der Hormonspiegel - sowohl die männlichen als auch die weiblichen Sexualhormone betreffend - erheblich differieren können, können oder könnten sie es auch in ihrem Handeln und Denken.
Wenn Paul Gottfried die Radikalisierungsfähigkeit von Frauen in den Gegensatz zu Johannes Scharfs These von ihrem besonderen Hang zum Opportunismus stellt, scheint ihm entgangen zu sein, dass Frauen sich in der Regel besonders dort radikalisieren lassen, wo es schon eine politische Agenda gibt. Dort, wo sie im Grunde genommen offene Türen einrennen: denn sie scheinen ein Gespür für das politisch Opportune und den „Kairos“ zu haben. Sie scheinen dann die Fähigkeit zu besitzen, intuitiv und bar jeglicher Vernunft die Gunst der Stunde zu nutzen, in der sich eine Radikalisierung geradezu anbietet.
Wir konnten dieses Phänomen bei Angela Merkel im Frühjahr 2011 beobachten, als sie nur wenige Tage nach der Katastrophe von Fukushima den Atomausstieg forderte. Zu diesem Zeitpunkt gab es nicht ein einziges Todesopfer der Nuklearkatastrophe und auch bis heute sind diese Opfer wohl an einer Hand abzuzählen. Die 18.500 Toten waren Opfer des Erdbebens und der Flutwelle, nicht der Atomkraft.
Es handelte sich damals im übrigen nicht um eine neue Idee. Die Agenda des Atomausstiegs hatte es schon zuvor gegeben. Naiv ist, wer glaubt, dass philanthropische Motive hinter dieser Agenda stecken. Die radikale weibliche Reaktion gibt ihr allerdings nach außen hin erfolgreich diesen Anstrich.
Wir sehen dasselbe Verhalten im weiteren Verlauf bei Angela Merkel im Herbst 2015: Es ist beispiellose weibliche Radikalität, mit der sie die Grenzöffnung veranlasst und sich dabei in mehrfacher Hinsicht über geltendes Recht hinweggesetzt hat. Auch hier erfolgte die Radikalisierung aus dem Bauch heraus, ohne Folgenabschätzung und vollkommen irrational. Die Agenda der kulturellen Durchmischung, der dieser Schritt diente, hatte es schon zuvor gegeben.
Wir sehen es an Jacinda Ardern, der neuseeländischen Premierministerin, die direkt nach dem schrecklichen Amoklauf in einer Moschee im März dieses Jahres radikal versucht, die Entwaffnung ihres Volkes durchzusetzen.
Auch sie hat die Entwaffnungs-Agenda nicht erfunden und auch hier finden wir ein weibliches Wesen, das zudem zu diesem Zeitpinkt soeben erst zur Mutter geworden war. Wie sehr doch solch eine madonnenhaft anmutende Figur die Idee der Gewaltlosigkeit zu personifizieren im Stande ist!
Wir sehen es an Greta Thunberg. Auch sie ist sehr radikal in ihren Forderungen und in ihrem Vorgehen. Es fehlt nur noch der Hungerstreik. Die Idee des menschengemachten Klimawandels und auch die apokalyptischen Szenarien wurden nicht von Greta erfunden. Auch hier wird ein weibliches Wesen benutzt, um einer Agenda ein menschliches Antlitz zu geben und sie damit voranzutreiben.
Wir sehen es an Carola Rackete: Radikal setzt sie sich über internationales Recht hinweg und bietet fremden Staatsmännern die Stirn. Dabei nimmt sie eine Haftstrafe und den Verlust ihres Kapitänspatentes in Kauf. Auch hier findet sich keine neue Idee nur eine weitere Radikalisierung im Hinblick auf die längst betriebene Masseneinwanderung.
Alle diese Frauen haben in ihrer Radikalität keinen einzigen neuen oder eigenen Gedanken gehabt. Sie haben nur Haltungen radikalisiert, die ohnehin im Raum standen - immer mit einem Gespür dafür, wie die Machtverhältnisse liegen, denn sonst wäre ihrer jeweils irrationalen und unheilvollen Radikalität kein solcher Erfolg beschieden, keine solch empfängliche Öffentlichkeit. Wie man sieht, schaffen es diese Frauen sogar, sich für Agenden zu radikalisieren, die ihren ureigenen Interessen zuwiderlaufen.
Man kann Frauen anscheinend gut instrumentalisieren, wenn es darum geht, Zielsetzungen, die sich mit dem Rückgriff auf die Gesinnungsmoral rechtfertigen lassen, durchzudrücken, denn die Frauen unserer Beispiele scheinen den Unterschied zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsmoral nicht zu kennen oder nicht wahrhaben zu wollen. Es wird über den Uterus, der grundsätzlich dazu da ist, Leben zu generieren und schützen, entschieden - hysterisch eben.
Frauen waren historisch wohl auch immer schon die radikaleren Kirchgängerinnen, diejenigen, die mehr Rosenkränze gebetet, mehr Kerzen angezündet haben und öfter zur Beichte gegangen sind als die Männer. Damit und mit der Erziehung der Kinder im rechten Glauben waren sie diejenigen, die maßgeblich dazu beigetragen haben, ein Macht- und Unterdrückungssystem besonders in Hinsicht auf das weibliche Geschlecht über Jahrhunderte zu erhalten, immer zutiefst davon überzeugt, das Richtige zu tun und zu denken. Häretiker dagegen waren immer Männer.
Beim Märtyrertum, das ja naturgemäß eng mit Radikalität verbunden ist, gibt es spätestens seit der Diokletianischen Christenverfolgung zu Beginn des 4. Jahrhunderts eine Frauenquote, auf die heutige Professorinnen neidisch werden könnten. Ihr Märtyrertum war reine „Nachfolge“, war das radikale Leben bzw. Sterben für ein Glaubenssystem und eine Lehre, nicht für eine eigene Idee oder Überzeugung.
Im Großen und Ganzen könnte man fast behaupten, dass Frauen die besseren Menschen sind, wenn man den Kategorischen Imperativ Immanuel Kants zugrunde legt. Diese Haltung scheint ihnen zu liegen. Im familiären Rahmen und für die eigene Gruppe ist dies sicherlich auch angebracht und angemessen.
Als politisch Handelnde werden sie damit allerdings zum Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und dann doch das Böse schafft. Als ich am 17. Juli in der Welt die unerträglich schwülstige Merkel-Laudatio des französischen Philosophen Bernard-Henry Lévy anlässlich ihres 65. Geburtstags las, wurde mir dieser Sachverhalt schlagartig klar. Lévy schreibt:
„Das kleine Mädchen aus der DDR, das als erwachsene Frau jeden Tag auf dem Weg zu ihrem Büro an der Mauer der Schande vorbeiläuft, die dann mit ihrem Mann in der Nähe des Holocaust-Mahnmals lebt, lacht über die Ruinen einer Vergangenheit, von der sie weiß, dass sie nicht vergeht; sie hat es geschafft, ihr Land innerhalb weniger Monate, im Jahr 2015, in eine kantische Nation zu verwandeln. Sie erhob sich über sich selbst und wurde zur ältesten Tochter eines Europa, das für einen Moment wieder zur Prinzessin der Freiheit geworden war....“
Es ist der Machiavellismus der anderen, der uns auf Kant und den Kategorischen Imperativ festlegen möchte und sich dabei das ausgeprägte Einfühlungsvermögen der Frauen zu Nutze macht. Die Frau ist dabei das Mittel der Wahl, um politische Ziele zu verfolgen. Die weibliche moralische Überhöhung wird dann lobend betrachtet. Man weiß um ihre Wirksamkeit.
Auf Immanuel Kants Moralphilosophie als den letzten Rest konsensfähigen Deutschtums, bei dem sich die deutsche Brust noch in politkorrektem Stolz schwellen darf, lässt sich nach wie vor eine breite Querfront von linksaußen bis nach ganz rechts einschwören.
Es ist der Machiavellismus derjenigen, die sich nicht um Moral scheren, die auch den Sturz Gaddafis betrieben haben, die 2011 für die Bombardierung Libyens plädierten - auch hier Bernard-Henry Lévy an vorderster Front - und damit erreicht haben, dass nun der schwarzafrikanische Migrationsstrom ungehindert auf die Schlauchboote ins mare nostrum gelangt, wo sodann von Hypermoralisten eingesammelt wird.
Hier, in der bewusst produzierten humanitären Katastrophe im Mittelmeer, wird dann eine philanthropisch radikalisierte Carola Rackete, von deren „Forderungen“ man in der Presse lesen kann (Wer eigentlich ist sie? Warum überhaupt hat sie etwas zu fordern? Wer gestattet es ihr?) zur Symbolfigur des Gutgemeinten. Sie bedient eine radikalisierte Hypermoral, wie es auch Merkel getan hat, die letztendlich allen Beteiligten schaden wird.
Hier haben wir einen weiblichen radikalisierten Opportunismus nicht nur ohne eigenen neuen Gedanken, sondern ohne auch nur im Entferntesten die eigenen Interessen mitzubedenken.
Es muss genau dieser Sachverhalt gewesen sein, der die italienische Philosophin und Kulturanthropologin Ida Magli (1925-2016), die als Professorin an der Universität „La sapienza“ in Rom gelehrt und sich nach ihrer Pensionierung als kulturpessimistische Intellektuelle in Italien einen Namen gemacht hat, zu folgenden Worten bewog:
„Ho passato una vita a difendere le donne, ma che delusione. Purtroppo debbo constatare che non pensano. Che non sanno fare politica. Che non sono capaci di farsi venire un'idea nuova...“
„Ich habe mein Leben damit zugebracht, die Frauen zu verteidigen, aber welch eine Enttäuschung. Bedauerlicherweise muss ich feststellen, dass sie nicht denken. Dass sie keine Politik machen können. Dass sie nicht fähig sind, auch nur eine neue Idee zu entwickeln...“
Dies ist es, was Ida Magli verzweifeln ließ und was auch uns verzweifeln lassen könnte.
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Über die Autorin:
DÖRTHE LÜTJOHANN, geb. 1966;
Studium und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Freiburg.
Magistra der Politikwissenschaft und Ethnologie.
Lesende Hausfrau und Mutter dreier Kinder.
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