Lisa Eckart ist weißblond, apart und spielt mit dekadent androgynen Stereotypen wie weiland die Dietrich. Dazu persifliert sie eine süffisant mondäne Bürgerlichkeit, die mindestens 9neunzig Jahre aus der Zeit gefallen ist und deren arroganter Rotz jedem braven Spießer die Socken auszieht. Obendrein ist sie Österreicherin, bewehrt mit jener souveränen habsburgischen Überheblichkeit, die gelernte Preußen vor Neid grau im Gesicht werden lässt. Kurz und krumm: Sie ist das Gegenteil artiger Gesinnungskultur, eine Femme fatale des bissig ziselierten Bonmots, die Kobra im Kaninchenstall der Klimaretter, der personifizierte Albtraum der geballten Riege politischer Mediokratie. An ihre Raffinesse, ihre Eleganz und ihren Intellekt reicht keiner dieser Wichte heran.
Eckart ist Kabarettistin, umstritten, muss man hinzufügen, denn kluge, scharfe Köpfe, die keine Demut heucheln, pflegen eitle Mittelmäßige grundsätzlich zu beleidigen. Außerdem lieferte sie den Moralstalinisten eine Vorlage: In den „Mitternachtsspitzen“ ließ sie sich 2018 über Juden, Deutsche und Antisemitismus aus, übrigens auch über ihren Brauner Landsmann, aber das eben auf eine Weise, die die pawlowschen Reflexe des Publikums nicht bediente, weil sie clever – und ziemlich jüdisch – um die Ecke dachte, und unterwegs die Matrix für schmutzige Phantasien lieferte, womit sie vor allem den Flachsinn der Identitätspolitik entlarvte. Seitdem beschuldigt man sie, antisemitisch zu sein. Dazu meint ihr Kollege Dieter Nuhr: „Wer Lisa Eckart Antisemitismus vorwirft, muss entweder geistesgestört sein oder böswillig. Ich fürchte, bei einigen ist es eine Mischung aus beidem.“
Recht hat er. Doch in diesem Fall ist es schlicht Feigheit. Guter, alter vorauseilender Gehorsam. Furcht vor dem virtuellen Lynchmob, wie der, der auch Nuhrs jüngste Auftragsarbeit für die Deutsche Forschungsgemeinschaft zu Fall brachte. Die Rächer der grimmigen Greta fielen über die DFG her, weil die sich erdreistet hatte, ein Kurzvideo von ihm ins Netz zu stellen. Nuhr hat die Sünde begangen, sich mokant über die Säulenheilige der protestantischen Apokalypse zu äußern. Damit ist er verbrannt. Alles, was er sagt, ist Teufelswerk. Meint der Greta-hörige Scheißsturm. Und die DFG, nicht faul, fügt sich der Klima-SS, straft den eigenen Namen Lügen, verrät jeden Anstand, nimmt Nuhrs Beitrag von ihrer Seite – und stellt ihn dann, verdruckst und verschämt, mit einer wortreichen Erklärung des Bedauerns doch wieder ein.
Erbärmlich, aber immerhin.
Zurück zu Eckart. Die hat das Hamburger „Harbour Front Literaturfestival“ gerade ausgeladen. Begründen tat sie es damit, dass sie als Veranstalter die Verantwortung für den Schutz des Publikums und der auftretenden Künstler trage. Bei Lisa Eckhart sei das nicht gewährleistet. Es gebe „Sicherheitsbedenken“. Der „Nochtspeicher“, wo Eckart aus ihrem Debütwerk „Omama“ hatte vortragen sollen, habe von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht und ihren Auftritt untersagt. Man befürchte, dass es im Zuge ihrer Lesung zur Randale käme. Das Viertel sei „bekanntlich höchst links“.
In anderen Worten: Der Nochtspeicher legt sein Programm artig der „Antifa“ vor, und wenn die neue Leitung der Reichskulturkammer in der Roten Flora nichts dagegen hat, darf aufgetreten werden. Dazu fällt einem nichts mehr ein. Außer, dass es in Algerien vor dreißig Jahren mit der „islamischen Heilsfront“ genauso anfing, und Kurt Tucholsky solchen Leuten 1931 schon „Rosen auf den Weg“ streute:
Ihr müsst sie lieb und nett behandeln, erschreckt sie nicht – sie sind so zart!
Ihr müsst mit Palmen sie umwandeln, getreulich ihrer Eigenart!
Pfeift euerm Hunde, wenn er sie ankläfft: Küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft!
Wenn sie in ihren Sälen hetzen, sagt, Ja und Amen – aber gern!
Hier habt ihr mich – schlagt mich in Fetzen! Und prügeln sie, so lobt den Herrn.
Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft! Küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft!
Und schießen sie: du lieber Himmel, schätzt ihr das Leben so hoch ein?
Das ist ein Pazifisten-Fimmel! Wer möchte nicht gern Opfer sein?
Inzwischen hat das Habour Front Festival erklärt, zwei Autoren seien im Vorfeld in Margarete-Stokowski-Modus gegangen und hätten es abgelehnt gemeinsam mit Eckart zu lesen. So viel Feigheit macht fassungslos.
Man sollte den Veranstaltern umgehend sämtliche staatlichen Gelder streichen. Künstler und Publikum müsste das Festival boykottieren. Dann begriffe man dort vielleicht, dass Kunstfreiheit ein kostbares Gut ist, das man nicht einfach so dem Gesinnungsmob zum Fraß vorwirft.